Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 199

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

einmal, du hast dir das nicht angesehen" – und ihn sogar noch damit zu belasten, daß zugleich eine komplette Revision vorzulegen ist. (Abg. Dr. Fuhrmann: Erlauben Sie mir noch einen Zwischenruf: Ist die Vorstellung im Verwaltungsgerichtshof eine Pflanzerei?)

Also nicht nur Angaben über Gründe, wieso das Oberlandesgericht irrt, sondern darüber hinaus bürdet man dem Rechtsmittelwerber eine sündteure Revision auf, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beim Oberlandesgericht verworfen beziehungsweise nicht zugelassen wird. (Abg. Dr. Fekter: Das wissen Sie ja gar nicht! Das muß ja nicht sein!) Daher ist unter 260 000 S beim Oberlandesgericht Schluß, und dieses "Dach", verehrte Kollegin Fekter, ist ein sehr, sehr schmales "Satteldach", und außerhalb werden sich eben Partikularentscheidungen der vier Oberlandesgerichte herausbilden. – All das geht zu Lasten der Einheitlichkeit in der Rechtssprechung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf diesen Debattenbeitrag weiters zum Anlaß nehmen, darauf hinzuweisen, daß im Abänderungsantrag der Regierungsparteien, der im Ausschuß noch eingebracht wurde, auch eine Art Mogelpackung enthalten ist, und zwar eine massive Mogelpackung. Man hat damit auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes reagiert, welche die Bestimmungen über die Wertabhängigkeit der Eingabengebühr beziehungsweise der Eintragungsgebühr von Kapitalgesellschaften und die Erhöhungsbeschlüsse von Kapitalgesellschaften als EU-Gesetz-widrig aufgehoben hat.

Diese Judikatur ist nicht aus Bosheit der Verwaltungsrichter so ausgefallen, sondern weil der Verwaltungsgerichtshof sagt, daß in dieser Hinsicht EU-Widrigkeit vorliegt. Der Gesetzgeber hat diese EU-Richtlinie verschlafen, und diese Rechtssprechung führt dazu, daß Tausende Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die seit 1. Jänner 1985 eingetragen wurden, legitimerweise ihre Gebühren zurückverlangen können. (Abg. Dr. Fekter: Aber keine dieser Gesellschaften erwartet, daß sie gratis eingetragen wird!) Jetzt aber findet sich da im Abänderungsantrag ganz verschämt eine Bestimmung, die wieder einmal die Verfassung und das grundsätzliche Verbot der Rückwirkung eines Gesetzes – das unter dem Gesichtspunkt der Gleichheitswidrigkeit zweifellos releviert werden kann – leider mit Füßen tritt; auch wenn Ihnen, Herr Justizminister – Sie haben das gesagt – der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes eine Art Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt hat. (Abg. Dr. Fekter: Aber der Gleichheitsgrundsatz ist hier unangebracht!)

Was wir von Verfassungsgutachten des Bundeskanzleramtes zu halten haben, wissen wir doch zur Genüge. Daher stehen wir ja dauernd vor dem Verfassungsgerichtshof, und daher werden ununterbrochen Bestimmungen durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Ich garantiere Ihnen: Das Privatradiogesetz wird im § 10 und in anderen Bestimmungen auch wieder aufgehoben werden, und zwar trotz der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie dieser Vorlage zustimmen, stimmen Sie auch der rückwirkenden Inkraftsetzung eines Gesetzes zu, das den einzelnen Bürger beziehungsweise die Gesellschaft, die eingetragen wurde, rechtswidrigerweise und rückwirkend mit Gebühren belastet. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Fekter: Entlastet!)

22.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Ich erteile es ihm.

22.11

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die vorliegende Erweiterte Wertgrenzen-Novelle verfolgt zunächst das Ziel, die geltenden zivilrechtlichen Wertgrenzen unter Berücksichtigung der Geld- und Einkommensentwicklung, aber auch der geänderten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse den aktuellen Erfordernissen anzupassen. Das ist um so dringlicher, als einzelne Wertgrenzen nicht nur seit der letzten Anpassung 1989, sondern schon seit 1983, 1976, ja sogar 1970 unverändert geblieben sind.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite