Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 129

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Wenn Sie den morgigen "Kurier" aufschlagen – ich glaube, Kollege Spindelegger hat das nicht getan, bevor er hier herausgekommen ist –, dann erkennen Sie sehr deutlich, was der Herr Finanzminister sagt. Es wird Sie vielleicht nicht interessieren, weil er nicht zu Ihrer Fraktion gehört, aber vielleicht sind seine Aussagen für die Koalitionsregierung bedeutungsvoll. Lesen Sie das bitte nach! Er straft Sie Lügen, Herr Spindelegger! All das, was Sie hier vollmundig behauptet haben, wird vom Herrn Finanzminister offensichtlich ganz anders gesehen.

Meine Damen und Herren! Nicht nur, daß viele Jahre hindurch die Budgets in Österreich dadurch mitsaniert wurden, daß Inflationsanpassung im Zusammenhang mit Progression der Lohn- und Einkommensteuer verhindert oder nicht gewährt wurde, wird diese Bundesregierung in wenigen Wochen – so nehme ich an – mit einem weiteren sehr umstrittenen Gesetz, nämlich der Familienförderung, einen Spielraum, der für eine Steuerreform 2000, die seit vielen Jahren angekündigt wurde, vorhanden gewesen wäre, sehr einengen, um nicht zu sagen, zur Gänze zunichte machen. Und das, meine Damen und Herren, ist ein Thema, das möglichst rasch im Finanzausschuß diskutiert werden sollte. Hier sollten Sie einfach die Wahrheit sagen!

Herr Spindelegger! Es ist legitim, wenn Sie sagen, das ist eben die Familienpolitik, die wir von der ÖVP uns wünschen. Ich halte dem – wie immer – entgegen, es ist nicht das, was den liberalen Vorstellungen entspricht, aber das ändert nichts an der Legitimität Ihrer Aussagen. Aber eines bitte ich Sie schon dazuzusagen, nämlich daß Sie dem Mittelstand, den Betroffenen, jenen, die zu Recht Klage über diese kalte Progression führen, nichts in Aussicht stellen dürfen.

Meine Damen und Herren! Sie wissen, daß der Spielraum, die Manövriermasse für die Steuerreform bei 20 bis 24 Milliarden Schilling lag. Sie wissen, daß die Kosten, die Sie nunmehr für die Familientransfers vorgesehen haben, 14 Milliarden Schilling betragen. Sie wissen das alles, oder es wissen Ihre Experten. Und Sie können daraus erkennen, daß der Spielraum für die Lohnsteuer – davon sprechen wir, wenn wir von der kalten Progression reden – sehr gering geworden ist. Jetzt sprechen wir noch nicht über die Unternehmensbesteuerung, über die Besteuerung des Mittelstandes, über die Besteuerung nicht entnommener Gewinne und anderer relevanter Daten, die vielleicht die gerade von Ihrer Fraktion vertretenen kleinen und mittelgroßen Unternehmungen in ihrem wirklich beachtlichen Wettbewerbskampf und auch Lebens- und Überlebenskampf stützen könnten. Ich bitte Sie daher, meine Damen und Herren der Regierungsparteien, wenn Sie schon hier im Hause Reden halten, auch die volle Wahrheit zu sagen.

Erlauben Sie mir noch ein paar Anmerkungen – weil die Gelegenheit so günstig ist – zu diesem – in unseren Augen – umstrittenen Familienpaket. Nach wie vor halte ich es für unerträglich, wenn in diesem Zusammenhang ÖVP-Mandatare, auch Herr Bundesminister Bartenstein, sagen, es sei der politische Wille, es sei gerecht und vertretbar, daß dieser horizontale Ausgleich geschaffen und überhaupt keine Rücksicht auf das Subsidiaritätsprinzip genommen wird. Meine Damen und Herren! Es muß Ihnen einfach sauer aufstoßen, wenn Herr Spindelegger sagt, Familien mit drei oder fünf Kindern – drei in meinem Fall, fünf im Fall des Herrn Bartenstein – werden ab dem Jahr 2000 wesentliche Beiträge aus dem Budget bekommen. Solange Sie nicht einsehen und einsehen wollen, daß auch Familientransfers eine Frage der Subsidiarität sind, daß Einkommen und Vermögen berücksichtigt werden müssen, solange werden Sie am Thema vorbeiagieren. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag, dem Finanzausschuß zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 47/A (E) des Herrn Abgeordneten Böhacker betreffend die kalte Progression eine Frist bis zum 15. Mai 1998 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Damit haben wir diese Debatte beendet.


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