Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 193

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Würden wir unseren Freunden im Osten klarmachen, daß ein Haftungsfall ihre Volkswirtschaften ruiniert, weil sie wirklich zahlen müßten, dann würden sie den Spaß an diesen Investitionen sehr rasch verlieren! Und es würden auch die jeweiligen Kreditgeber keine Freude daran haben, etwas zu finanzieren, was dann möglicherweise in den katastrophalen Konkurs schlittert. Abgesehen davon ist natürlich jeder Kernkraftunfall eine menschliche Katastrophe und eine ökologische Katastrophe. Das will ich jetzt gar nicht alles schildern.

Ich meine, daß man mit seiner Politik dort ansetzen muß, wo alle mitgehen können. Und diejenigen, die vielleicht nach wie vor meinen, Atomenergie sei sicher, würden durch die Versicherungen eines Besseren belehrt werden, wenn diese Art der Energie sich als unversicherbar herausstellt. Ich meine, das ist eine stringente Logik! Wenn Sie die Antiatomargumentation jetzt aber an der 380-kV-Leitung festzumachen versuchen, dann ist das nur Effekthascherei. Es ist eben eine alte Regel: Politik ohne Sachkenntnisse kann zum Abenteuer ausarten. (Abg. Dr. Gredler: Genau!)

Ich bin völlig über jeden Verdacht erhaben, irgendein Wort für Atomenergie zu sprechen. Denn bekanntermaßen bin ich schon zu einem Zeitpunkt vor Tschernobyl, als die Leute noch der Meinung waren, daß die Bedenken gegenüber der Atomenergie nicht ganz ernst zu nehmen sind – und manche haben sich erst nach Tschernobyl in ihrer Meinung gewendet –, innerhalb der Energiewirtschaft gegen die Atomenergie aufgetreten und wurde übrigens dort deswegen nicht ausgerottet. Ich war vielleicht nicht wirklich beliebt, aber ausgerottet hat man mich deswegen nicht.

Daher ist die Frage nach der Glaubwürdigkeit des Herrn Bundesministers, die auch angeschnitten worden ist, zwar durchaus zu stellen, aber nicht gerade in diesem Zusammenhang. Es gäbe eine lange Liste anderer Möglichkeiten, ihn anzugreifen, aber in diesem Zusammenhang sind Attacken unberechtigt.

Und auch das EStAG-Gejammere geht mir sehr auf die Nerven! Natürlich ist es eine riskante Sache, einen ausländischen Investor hineinzulassen. Aber wenn ich heute davon ausgehe, daß jemand mit 25 Prozent und einer Aktie einen bestimmenden Einfluß auf eine Gesellschaft hat, dann unterstelle ich – und das ist immerhin eine Möglichkeit – dem Land Steiermark und seinen politischen Verantwortlichen, daß sie in Wirklichkeit Geheimabsprachen getroffen haben und daher eigentlich Gauner sind. (Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler. ) Solange es dafür keinen Beweis gibt, kann ich mir das zwar denken, sollte es aber vielleicht nicht sagen, denn Vorsicht ist eine weise Sache, und bewiesen ist es nicht.

Die EStAG-Lösung ist ein Ergebnis der versagenden österreichischen Gesamtenergiepolitik. Das ist richtig! Denn wenn wir eine Gesamtlösung in Form von Unbundeling auf der Bundesebene getroffen hätten und so weiter und so fort, dann wäre es zur EStAG-Lösung möglicherweise nicht gekommen. Aber was kann das Land Steiermark dafür, wenn Herr Farnleitner nichts tut? Das muß ich schon ganz deutlich sagen!

Diese Lösung in der Steiermark ist nicht meine Wunschlösung. Aber sie mit diesen Argumenten zu bekämpfen, ist wieder vordergründige Effekthascherei, bei der davon ausgegangen wird, daß die Leute das nicht verstehen und daß man mit der Angst gut Politik machen kann. Und das finde ich deswegen schade, weil in der Energiepolitik tatsächlich sehr viel zu kritisieren ist: Die alternativen Energieformen werden nicht unterstützt, die Einspeistarifregelungen sind nach wie vor skandalös, es gibt immer noch keine ökologische Steuerreform mit den entsprechenden Lenkungswirkungen, im Bereich des Verkehrs wird nach wie vor die Schiene im Verhältnis zur Straße nicht genügend präferiert, und ich könnte noch stundenlang Beispiele aufzählen. Das sind die eigentlichen Themen, aber diese betreffen eben nur die mühsamen Niederungen des Alltages und beinhalten nicht den Effekt der Angst vor der Atomkraft.

Ich betone: Lambach ist in jedem Fall – mit oder ohne 380 kV – eine Fehlinvestition! Und wenn heute die Energiewirtschaft zugeben muß, daß sie Milliardeninvestitionen stehen hat, die sie in Wirklichkeit als "sunk costs" bezeichnen muß, dann erinnere ich daran, daß wir schon lange wissen, daß wir Überkapazitäten haben, aber das war der Wettlauf der Landesgesellschaften


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