Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 13

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Öllinger! Es gibt seit einigen Monaten eine Diskussion darüber, die Familie als solche – unter anderem auch aus diesen Gründen – in der Verfassung besser als bisher zu verankern.

Ich möchte das an einem konkreten Beispiel festmachen: In Österreich werden leider Gottes zunehmend Ehen geschieden, und es gibt durchaus auch die Rechtsmeinung, daß es zwar gut ist, wenn die geschiedene Frau, die im Regelfall obsorgeberechtigt ist, die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag weiterhin bekommt – daran kann überhaupt kein Zweifel bestehen, das wird auch weiter so sein –, aber heute sind diese Zahlungen auf die Unterhaltsverpflichtungen des geschiedenen Mannes nicht anrechenbar.

Wir, die Koalitionspartner, Finanzminister Edlinger, Frauenministerin Prammer und ich, haben uns daher klar festgelegt: Aus unserer politischen Sicht soll Scheidung Privatsache sein, ist es nicht Sache des Gesetzgebers, ist es nicht Sache der Regierung, geschiedenen Paaren mehr an finanziellen Mitteln zukommen zu lassen als in aufrechter Ehe lebenden. Aber das ist sicherlich ein Denkansatz und eine mögliche Grundlage, durch eine Verfassungsbestimmung klarzustellen: Das ist der politische Wille des Gesetzgebers. Wir wollen eine positive Diskriminierung der auf Ehe begründeten Familie, um den Verfassungsrichtern, wie das auch der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Adamovich, angedeutet hat, dabei gewissermaßen eine Hilfestellung zu geben, um diese Frage in Zukunft so beurteilen zu können, wie ich das eben geschildert habe. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Klara Motter, bitte.

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Die Experten des Finanzministeriums haben festgestellt, daß die Forderungen, die sich aus dem ÖVP-Familienbesteuerungsmodell ergeben, nicht finanzierbar sind. Da jetzt die Eckdaten des neuen Familienbesteuerungsmodells bereits bekannt sind, frage ich Sie: Wie sieht es aus?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Zwei Überlegungen standen bei der Verhandlung der Familiensteuerreform selbstverständlich immer im Raum und wurden von allen Verhandlern peinlichst beachtet, nämlich zum ersten eine Regelung zu finden, die nach unserem Ermessen verfassungskonform ist, also vor den Verfassungsrichtern halten wird, und zum zweiten eine Regelung zu finden, die auch finanzierbar ist. In dieser Verantwortung haben wir diese Familiensteuerreform gefunden.

Es ist nicht leicht, 12,6 Milliarden Schilling zu realisieren, aber ich glaube, durch ein sehr partnerschaftliches Vorgehen von Finanzminister Edlinger und mir und durch eine sehr vernünftige Verteilung der Lasten, einerseits auf das Budget, andererseits auf die Mittel aus dem Familienlastenausgleichsfonds, diesen Familientopf, den es in Österreich Gott sei Dank gibt, sind wir zu einer Lösung gekommen, die verantwortbar ist. Die Finanzierung ist sichergestellt, wobei ich betonen muß, es ist natürlich zum Teil ein Vorgriff auf die große Steuerreform 2000. Aber jetzt sage ich als Familienminister: Nichts soll mir mehr recht sein, als daß auch die Familien im Rahmen einer großen Steuerreform bedacht werden und in diesem Sinne eine Rolle spielen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Lackner, bitte.

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wird in Ihrem Ressort an einer Verbreiterung der Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichfonds nachgedacht? Konkret: Ist die Umstellung vom derzeit 4,5prozentigen Satz auf eine Wertschöpfungsabgabe ein Thema für Sie?


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite