Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 45

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Frau Kollegin Karlsson! Natürlich gibt es ein Spannungsverhältnis zwischen Privatisierung und der Frage: Kontrolle dieser – unter Anführungszeichen – "privatisierten" Unternehmen durch die öffentliche Hand.

Einen Punkt muß man hier aber schon anführen, Frau Kollegin Karlsson: Solange eine Privatisierung so aussieht, daß man die Kontrolle kappt, aber die Defizite nach wie vor von der öffentlichen Hand gedeckt werden, so lange kann man wohl nicht von einer echten Privatisierung reden. Und solange der Steuerzahler, solange der Bürger für die Verluste der – unter Anführungszeichen – "privatisierten" Unternehmen aufzukommen hat, so lange hat er auch das Recht, zu verlangen, daß Kontrollinstanzen diese Unternehmen kontrollieren können. Das sollte auch für uns als Volksvertreter ein klares Credo und ein Grundsatz sein.

Meine Damen und Herren! Der Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung ist heute auch schon von Herrn Volksanwalt Schender angesprochen worden. Wenn man diesen Bericht liest, dann kommt einem wirklich der Ärger und das Grauen, und zwar nicht wegen des Berichts, sondern wegen der Inhalte und vor allem wegen der Ignoranz, mit der man vor allem in diesem Ressort der Prüftätigkeit der Volksanwaltschaft gegenübertritt.

Es ist eine Reihe von Problemen aufgezeigt worden, die nicht das erste Mal in diesem Bericht stehen, die wir jedes Mal anläßlich der Debatte über die Berichte der Volksanwaltschaft diskutieren müssen. Aber es passiert nichts, weil diesen Vorhaltungen mit Schweigen und Ignoranz begegnet wird.

Da haben wir zum Beispiel die Frage der Tauglichkeitskriterien, die die Volksanwaltschaft zu Recht angeführt hat. Der Verteidigungsminister jammert seit Jahr und Tag, daß er zuwenig Grundwehrdiener hat. Gleichzeitig kommt aber die Volksanwaltschaft – nicht sein Ressort, sondern die Volksanwaltschaft! – drauf, daß, wenn man die Tauglichkeitskriterien adaptieren würde, jene, die in der Privatwirtschaft arbeiten und privat natürlich sportlichen Tätigkeiten nachgehen, die einen Beruf ausüben, selbstverständlich auch im Bereich der Landesverteidigung – vielleicht ohne Waffe, in den Büros, in den Schreibstuben – eine Tätigkeit verrichten könnten! Allein durch diese Maßnahme könnten 3 000 zusätzliche Grundwehrdiener in diesem Bereich eingesetzt werden.

Meine Damen und Herren! Es gibt in diesem Ressort, was die Tauglichkeitskriterien anlangt, wirklich merkwürdige Praktiken. Da werden Spitzensportler für untauglich erklärt! Ich kenne einen Fall, wo jemand im Nationalteam der "Unter 21"-Fußballmannschaft spielt, aber für das Bundesheer untauglich ist. Ich kenne weiters den Fall eines Sohnes eines bekannten und bedeutenden Bauunternehmers, der dieses Bauunternehmen führt, der tagtäglich von einer Baustelle zur anderen jettet und wahrscheinlich in der Freizeit auch noch sportlich ordentlich etwas "drauf" hat. Das ist alles in Ordnung. Aber für den Dienst mit der Waffe ist er untauglich! – So etwas darf doch in der Praxis nicht passieren. Solange wir von dem Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht ausgehen, ist auch Gerechtigkeit einzufordern, und diesbezüglich ist, so glaube ich, dieser Vorhalt der Volksanwaltschaft durchaus berechtigt.

Zweiter Punkt: die Befreiung von Theologen vom Wehrdienst. Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit in diesem Bereich. Das ist nicht einzusehen. Wir haben doch einen freien Zugang zum Zivildienst. Wir haben auch im Bereich des Wehrdienstes, etwa in den Militärpfarren, die Möglichkeit, für Theologiestudenten eine Einsatzmöglichkeit zu bekommen. Dazu, warum jemand, der sagt, er möchte aufgrund seiner Einstellung, aufgrund seines Gewissens grundsätzlich Dienst an der Gesellschaft machen, das nicht auch dadurch unter Beweis stellt, daß er etwa im Bereich des Zivildienstes genau diesen seinen Grundsätzen nachkommt, gibt es auch keine Reaktion aus dem Bereich des Verteidigungsministeriums.

Die Ausrüstungsmängel bei der UNO-Truppe haben wir Freiheitlichen immer wieder kritisiert. Auch das hat die Volksanwaltschaft festgehalten. Dort geht es auch um das Leben unserer Soldaten. Aber auch dazu gibt es keine Reaktion von seiten des Verteidigungsministeriums. Es geht sogar soweit, daß die Volksanwaltschaft in einem eigenen Kapitel darüber klagen muß, daß ihr in einem Disziplinarfall nicht einmal die Unterlagen ausgehändigt werden.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite