Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 121

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

dung, reden als mit Ihnen! (Beifall bei den Grünen, beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Justizminister. – Bitte.

16.39

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Bundesminister für Justiz möchte ich mit aller gebotenen Deutlichkeit darauf hinweisen, daß das Justizressort zu den heute angesprochenen Fragen seit Jahren einen konsequenten rechtspolitischen Weg zur Verbesserung unserer Rechtsordnung gegangen ist. Die Mär einäugiger, täterfreundlicher Maßnahmen meines Ressorts habe ich schon anläßlich der Dringlichen Anfrage im Bundesrat vor zwei Wochen deutlich widerlegt.

Von der hier mündlich vorgebrachten neuerlichen Forderung, daß zumindest in gewissen Fällen Lebenslang von vornherein Lebenslang bleiben muß – einer Forderung, die ich schon in früherem Zusammenhang entschieden und aus guten Gründen zurückgewiesen habe –, ist offenbar auch der Anfragebegründer längst abgerückt, wie sich aus den Ausführungen auf Seite 2 ergibt. Ich nehme an, daß dies auch aus guten Gründen geschehen ist.

Meine Damen und Herren! Unser Sexualstrafrecht ist in einem ersten Schritt schon 1989 teilweise erneuert worden. Weitere Schritte sind 1994 und 1996 im Bereich der Kinderpornographie gesetzt worden, zuletzt mit der schon vom Herrn Bundeskanzler angesprochenen deutlichen Verschärfung der Strafdrohungen. In letzter Zeit sind in der von mir einberufenen Arbeitsgruppe Sexualstrafrecht – zu deren Sitzungen Beobachter zu entsenden, sind alle Fraktionen dieses Hauses eingeladen worden, und zunächst haben auch alle Parteien hievon Gebrauch gemacht – Vorschläge erarbeitet worden, insbesondere zur opferbezogenen Neufestlegung der Strafrelationen im Bereich der sexuellen Handlungen mit Kindern, damit alle beischlafsähnlichen Handlungen künftig unter die strengeren Strafdrohungen von bis zu zehn Jahren – bei schweren Folgen bis zu 20 Jahren – fallen, sowie zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist auch über die Großjährigkeit hinaus, etwa in dem Sinne, daß Verjährungen frühestens drei bis fünf Jahre nach Erreichung der Großjährigkeit eintreten sollen.

Darüber hinaus liegen bereits Vorschläge vor, um die in Österreich als einem der ersten europäischen Staaten schon 1993 eingeführte kontradiktorische, schonende Vernehmung insbesondere von Kindern als Verbrechensopfer weiter auszubauen, insbesondere auch obligatorisch für vergewaltigte Frauen.

Der so vorbereitete nächste legislative Schritt wird in den kommenden Wochen einem allgemeinen Begutachtungsverfahren unterzogen werden und noch vor dem Sommer beschlußreif dem Nationalrat vorliegen.

Desgleichen ist das Bundesministerium für Justiz schon seit Jahren bemüht, der in der internationalen Diskussion so bezeichneten "Wiederentdeckung des Opfers" im Straf- und Strafverfahrensrecht Rechnung zu tragen. Eine wichtige Etappe war das Strafprozeßänderungsgesetz 1993 mit dem strafprozessualen Zeugenschutzprogramm und der erwähnten schonenden Vernehmung von Unmündigen und anderen Opfern als Zeugen. So sehe ich auch den stufenweisen Ausbau des außergerichtlichen Tatausgleiches, durch den in mittlerweile schon 32 000 Fällen den Bedürfnissen der Opfer nach Genugtuung und Wiedergutmachung rasch und unbürokratisch entsprochen werden konnte, zwar als eine Maßnahme im Interesse der Opfer; er kommt aber – das möchte ich ganz deutlich sagen – auch in Zukunft für die heute diskutierten Straftatbestände – vor allem jenen des Kindesmißbrauches – nicht in Frage, weil die hiefür erforderlichen Voraussetzungen – keine schwere Schuld sowie keine besonderen spezial- und generalpräventiven Bedenken – alle nicht gegeben sind.

Es scheint mir allerdings erwähnenswert zu sein, daß bei der Entwicklung eines umfassenden Diversionskonzeptes – dadurch können Straftaten geringeren Gewichts unter besonderer Bedachtnahme auf die Interessen und Wiedergutmachungsansprüche der Opfer rasch sanktioniert werden – vorgesehen ist, daß die Einnahmen aus den von den Tatverdächtigen zu


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite