Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 111. Sitzung / Seite 48

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Mit anderen Worten: Das ist unwahr. Wenn jemand behauptet, er findet in diesen Fragen keine Bündnispartner, dann ist er entweder schlecht informiert oder unaufrichtig. Möglicherweise ist der Herr Bundesminister für Umwelt, der heute nicht anwesend ist, auch nicht gut informiert und die Frau Bundesministerin Prammer vielleicht auch nicht. – Und der arme Herr Staatssekretär Wittmann weiß wahrscheinlich gar nicht, wie er dazu kommt, daß er als Kunststaatssekretär den Bundeskanzler hier auf der Regierungsbank in Atomfragen vertreten muß. Er tut mir in diesem Fall leid. (Heiterkeit und Beifall beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

Jetzt zur Schrittmacherfunktion, die der Herr Bundeskanzler für sich in Anspruch genommen hat. "Schrittmacher", hat er gesagt. – Ich meine, ein Schrittmacher wäre die Bundesregierung vielleicht dann, wenn sie der Entschließung vom 10. Juli 1997, mit der sie vom Nationalrat beauftragt und ersucht wurde, bis 1. März dieses Jahres ein neues, modernes, auf dem Stand der neunziger Jahre befindliches Atomhaftpflichtgesetz vorzulegen, nachgekommen wäre. Das ist sie aber nicht.

xxxeingerichtetEs wurde vor dem 1. März kein solches Gesetz vorgelegt. Herr Kollege Oberhaidinger! Diese Entschließung vom 10. Juli 1997 in diesem Haus war im übrigen einstimmig, daher ist es merkwürdig, wenn sich jetzt manche dieser Entschließung vom 10. Juli als Fraktion berühmen. Wir waren hier doch alle einer Meinung!

Herr Kollege Oberhaidinger, Sie haben doch auch mitgestimmt! – Der 1. März ist ins Land gezogen, aber es liegt kein Atomhaftpflichtgesetzentwurf der Bundesregierung vor. Und Sie wollen uns weismachen, daß die Bundesregierung die Entschließung des Nationalrates vom 10. Juli 1997 ernstgenommen hat? – Das muß ich stark bezweifeln.

Im übrigen bringt auch die liberale Fraktion heute einen Entschließungsantrag ein, den ich kurz vortragen möchte:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Volker Kier, Mag. Thomas Barmüller und weiterer Abgeordneter betreffend die Schaffung einer europäischen Atomhaftungsrichtlinie

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht, die EU-Kommission aufzufordern, einen Richtlinienentwurf zur Regelung von Atomhaftungsfragen vorzulegen. Diese Regelung soll geeignet sein, im Sinne einer Gefährdungshaftung mittels verpflichtender Haftungsvorsorge die Bereitstellung einer dem Risiko nuklearer Anlagen und radioaktiver Transporte angemessenen, unbeschränkten Haftungssumme zu gewährleisten, die Solidarhaftung und die Möglichkeit der Verbandsklage vorzusehen, sowie die Frage der Kanalisation der Haftung im Interesse potentieller Geschädigter zu regeln."

*****

Dieser Antrag hat einen tieferen Sinn, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, die Sie hier anwesend sind, aber auch meine Damen und Herren Kollegen! Die Bundesregierung hat nämlich ein Instrument in der Hand, das ihr jedenfalls und immer freisteht, und zwar: auf internationaler Ebene mit den von ihr vermißten Bündnispartnern – diese würden da sicher gerne mitmachen! – zumindest einmal für Kostenwahrheit in diesem Bereich zu sorgen.

Warum wird in den USA seit Jahr und Tag in kein Kernkraftwerk mehr investiert? – Weil dort nämlich ein anderes Schadenersatzrecht vorherrscht! Weil nach dem Störfall auf Three Mile Island alle Kernkraftwerksbetreiber bemerkt haben, was es bedeutet, ein solches Kraftwerk zu haben, weil sie, wenn es nur zum kleinsten Störfall kommt, mit Schadenersatzklagen zu rechnen haben, die sie sich nicht leisten können. In den USA weiß man längst, daß es sich bei Atomkraftwerken um unversicherbare Risken handelt, und das heißt letztlich, daß sie nicht wirt


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite