Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 134

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die Grenzregionen dort so weit bringen, daß in diesen für die eigenen Leute eine ausreichend hohe Zahl an Arbeitsplätzen zur Verfügung gestellt wird, damit die Migration sozusagen unattraktiv wird. Diese hat übrigens ihren "peak", ihren Höhepunkt, ohnehin längst überschritten. Wie uns alle osteuropäischen Länder bestätigen, ist dieser peak 1989/1990 erreicht worden. Der Migrationswille der Menschen, die derzeit in den osteuropäischen Staaten leben, ist bei weitem nicht so hoch, wie er hier angeprangert wird.

Es ist für einen Nachbarn, zum Beispiel für einen Ungarn oder einen Slowenen, schon lange möglich, nach Österreich zu kommen und einen Arbeitsplatz zu finden. Die, die das wollen, sind schon längst hier, und die paar, die noch nachkommen werden, werden wir auch noch aushalten, meine Damen und Herren!

Laut den Zahlen des Arbeitsmarktservice ist es so, daß im Jahre 1997 die Zahl der unselbständig beschäftigten Ausländer und Ausländerinnen aus Drittstaaten, und zwar allen Drittstaaten, um etwa 4 000 oder 1,5 Prozent gesunken ist. Ich muß sagen: Wenn diese rückläufige Entwicklung stimmt, dann verstehe ich einfach nicht, warum die FPÖ diese Befürchtungen in den Raum stellt. Ich halte es für bedauerlich, daß man die Animositäten, die manche Leute gegenüber der Osterweiterung haben, weil sie um ihren Arbeitsplatz fürchten, dazu verwendet, polemische Politik zu betreiben.

Was ich gar nicht verstehe, ist, daß ausgerechnet der Wirtschaftssprecher der FPÖ, Thomas Prinzhorn, in einer Presseaussendung vom 2. März erklärt hat, daß er die Osterweiterung als völlig entbehrlich ansieht. Meiner Information nach besitzt Herr Prinzhorn in Ungarn Firmen, und diese gehen gar nicht schlecht! Die Arbeit der Ungarn schätzt er außerordentlich, zumindest scheint er dadurch nicht gerade in die Armut zu schlittern. Ich verstehe also nicht, warum gerade er sich gegen die Osterweiterung wehrt, obwohl er genau weiß, daß das ein interessanter Markt ist! Das ist mir völlig unerklärlich. (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Durch die Osterweiterung erfährt Europa eine Erweiterung seines Marktes um 100 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Das muß doch wirtschaftlich interessant sein! Ich verstehe nicht, daß man sich gegen eine Marktöffnung wehrt, sich dagegen wehrt, daß es unserer österreichischen Industrie ermöglicht werden soll, einen größeren Markt und bessere Möglichkeiten zu finden, die Arbeitsplätze abzusichern. Das ist mir unbegreiflich.

Ich persönlich teile die Ansicht der Brüsseler Kommission, die in ihren Berechnungen für den Finanzrahmen der EU von 2000 bis 2006 zu dem Schluß kommt, daß sich die Osterweiterung, wenn man ein Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent annimmt und den Berechnungen zugrunde legt, eigentlich selbst finanzieren wird.

Ich würde mir daher wünschen, daß diese sogenannte Nettozahlerdebatte, die auch von seiten der Regierung geschürt wird, endlich aufhört. Wir sind, glaube ich, in der Lage, aufgrund des Budgets und wenn man die Mittel, die bis zum vorletzten Jahr niemals ausgeschöpft wurden – man muß auch sagen, daß da einige Millionen liegengeblieben sind –, ausschöpft und außerdem noch das Wirtschaftswachstum in Betracht zieht, durchaus ohne Ängste in die Osterweiterung zu gehen.

Mein letzter Satz gilt den Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Parlamenten, die unsere Debatten indirekt mitverfolgen. Sie sind entsetzt über die Art und Weise, in der wir über die Erweiterung debattieren.

Ich wünsche mir, daß wir sie mit offenen Armen empfangen und daß wir bereit sind, mit ihnen ein gemeinsames Europa zu bauen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.21

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, dessen Text Frau Abgeordnete Dr. Gredler vorgetragen hat, ist geschäftsordnungsgemäß unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.


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