Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 156

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wünscht er sich – so er in den Medien richtig zitiert ist – Selbstverwaltung ohne Weisungs-, aber mit Kontrollrecht des Ministeriums. Ich bin der Auffassung: Wenn es eine Kontrolle geben soll, dann hat es eine Kontrolle dieses Hauses zu sein, und es schmerzt mich auch, wenn ein Parlamentarier, ein Klubobmann, eher einer administrativen Kontrolle das Wort redet, statt von der Oberhoheit und auch dem Kontrollrecht des Parlaments auszugehen. Denn dann vermute ich sehr wohl, daß diese Debatte um GesmbH oder Anstalt eine vordergründige ist und daß sie eigentlich zur Verschleierung dient, daß es in Wahrheit um die Sicherung von parteipolitischen Einflußnahmen geht. Nur so kann ich mir nämlich das Votieren für das Kontrollrecht, ein ausschließlich administratives Kontrollrecht, erklären. – Das lehne ich jedenfalls ab. (Beifall bei den Grünen.)

Zum zweiten Tagesordnungspunkt betreffend widerrechtlich außer Landes verbrachte Kulturgüter. – Wir haben im Ausschuß eine sehr heftige und kontroversielle Debatte über die Richtlinie 93/7 EWG geführt, und mit unterschiedlichen Argumenten haben alle Oppositionsparteien der Übernahme dieser Richtlinie in österreichisches Recht nicht zugestimmt. Die Vorgangsweise, die hier gewählt wurde, ist meiner Meinung nach eine wirklich schlechte und in der Form unhaltbare. Sie ist erstens politisch unhaltbar, weil ich der Meinung bin, gerade wir in Österreich können und dürfen eine Diskussion, eine politische Debatte über die Rückgabe widerrechtlich verbrachter Kulturgüter nicht im Jahre 1993 und auch nicht im Jahre 1998 beginnen. Der späteste zulässige Zeitpunkt, den wir in Österreich diskutieren dürfen, ist 1938. Alles andere ist in diesem Land politisch nicht korrekt und ist unzulässig. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Die Abgeordneten Stoisits und ich haben einen Antrag betreffend die Aufklärung über geraubte und abgepreßte Kunstgegenstände in den österreichischen Museen eingebracht. Ich glaube zwar nicht, daß man die Frage dieser materiellen und kulturellen Wiedergutmachung heute noch an einzelnen Gegenständen festmachen kann – das wird in den wenigsten Fällen möglich sein und würde zu neuen Ungerechtigkeiten führen –, aber wir müssen uns der Frage einer Wiedergutmachung auch in diesem Zusammenhang endlich stellen. Sonst wäre das eine politische Verweigerungshaltung, die so viele Jahre danach unerträglich ist.

Die hier gewählte Vorgangsweise der Übernahme der EU-Richtlinie aus 1993 ist auch deswegen unzulässig, weil sie juristisch in einer völlig unhaltbaren Form durchgeführt wird. Ich bedauere es, daß jetzt die Klubobleute der Regierungsparteien, insbesondere Herr Klubobmann Dr. Khol, nicht da sind, denn ich hätte mir schon erwartet, daß da auch noch eine gewisse juristische Redlichkeit an den Tag gelegt wird.

Sosehr ich dafür eintrete, daß wir ganz grundsätzlich und, wie gesagt, viel weiter zurückgehend über Rückgabeverpflichtung oder zumindest Wiedergutmachungsverpflichtungen hinsichtlich widerrechtlich verbrachter Kulturgüter reden, sosehr verurteile ich die Art und Weise, wie das hier gemacht wurde. Es geht nicht an, daß eine EU-Richtlinie einfach so in nationales Recht übernommen wird, ohne daß man auch die entsprechende zivilrechtliche Situation in diesem Sinne abändert.

Wir haben in Österreich ein Prinzip des sogenannten Gutglaubenserwerbes, der unter bestimmten Umständen – Erwerb vom befugten Gewerbsmann, vom befugten Gewerbehändler, Erwerb in einer Versteigerung, Erwerb vom Vertrauensmann des Eigentümers, so das Gesetz – jedenfalls zu einem Eigentumserwerb des Käufers, des Erwerbers, des Übernehmers führt. Wenn jetzt eine Rückgabeverpflichtung statuiert wird, ohne daß man dann auch dem Erwerber das Eigentumsrecht entzieht – was konsequent wäre und worüber man mit mir jederzeit reden kann –, dann führt das zur abstrusen Lösung, daß das im Eigentum eines Österreichers oder einer Österreicherin stehende Stück, das zivilrechtlich auch in diesem Eigentum bleibt, herausgegeben werden muß und daß in alle Zukunft der Besitz und das Eigentum auseinanderfallen.

Das kann nicht der Rechtssicherheit dienen! Das führt auch dazu, daß sich in Zukunft eine Fülle von rechtlichen Folgefragen daran knüpfen: die Fragen von Gebühren für Verwahrungen, die Fragen, wer ein Verfolgungsrecht hat, falls dieser Gegenstand noch einmal widerrechtlich verbracht wird. Das ist ein wirklicher juristischer Pallawatsch – ich habe kein anderes Wort


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