Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 180

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wollen, solche, die für ein oder zwei Jahre eine kurzfristige Anleihe zeichnen wollen, welche sie sich auf dem Sekundärmarkt beschaffen.

Das sieht folgendermaßen aus: Die derzeitige Verzinsung liegt knapp unter 4 Prozent, in der Größenordnung von 3,8 oder 3,9 Prozent. Die Banken verrechnen – wenn es sich nicht um einen erstklassigen Anleger handelt – im Durchschnitt 1,25 Prozent an Transaktionskosten für die Veranlagung in eine Anleihe auf ein Jahr. Bevor also auch nur 1 S an Zinsen aus der Anleihe lukriert worden ist, sind 1,25 Prozent als Gebühr sofort fällig, in der die Kapitalverkehrsteuer, die Börsenumsatzsteuer "verpackt" ist. Die gleiche Gebühr fällt nach einem Jahr beim Verkauf an, das ergibt zusammen 2,5 Prozent. Netto bleibt dem Anleger – 3,8 Prozent minus 2,5 Prozent – ein Ertrag von "heißen" 1,3 Prozent übrig.

Damit stirbt der Anleihenmarkt in Österreich restlos. Im Prinzip lebt er ohnehin nur von Staatstiteln, von Papieren des Bundes und der Länder. Es gibt ganz wenige Wandelanleihen in Österreich und ganz wenige Obligationen, die von Unternehmen begeben worden sind. Damit steht Österreich im Gegensatz zu den meisten europäischen Ländern, es hinkt wirklich nach, und diese Rechnung läßt sich leicht nachvollziehen.

Das ist meiner Ansicht nach auch ein Grund dafür, daß es in Österreich an einer gewissen Unternehmensfinanzierungskultur mangelt. Wenn Sie beispielsweise nach England blicken, so sehen Sie, daß der englische Unternehmer die Möglichkeit hat, dreijährige Anleihen zu begeben. In Österreich fehlt das, obwohl es eigentlich sinnvoll wäre. Es fehlt deshalb, weil die Relation zwischen den Transaktionskosten und den Vorteilen aus solchen kurzfristigen Anleihen gestört ist. Für uns ist das ein Grund mehr, dieses Relikt aus der Vergangenheit zu beseitigen, genauso wie es unserer Meinung nach – nur betrifft das eben ein anderes Gesetz – längst überfällig ist, die Kreditsteuer, die staatliche Kreditgebühr abzuschaffen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das ist etwas, was kein Mensch mehr versteht: Sobald ein Kreditverhältnis begründet wird, muß zunächst einmal sofort die Steuer an den Fiskus abgeführt werden – egal, ob die Finanzierung erfolgreich ist oder nicht. Hauptsache, der Staat nascht mit!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich appelliere daher an die Adresse der Österreichischen Volkspartei sowie an die Sozialdemokraten, sich eine solche Änderung, die zum Nutzen Österreichs erfolgen würde, gut zu überlegen. Ich lade Sie herzlich ein, im Finanzausschuß Ihre konstruktiven Vorschläge zu dieser Materie einzubringen. Meiner Ansicht nach geht eine Rechnung, in der die Vorteile dieser Änderung den Nachteilen des Einnahmenentfalls gegenübergestellt werden, sicherlich auf. Ich hoffe, daß Sie mit mir wenigstens in der Hinsicht einig sind, daß es da einen Schub braucht, einen kleinen gesetzlichen Anstoß, um etwas in Bewegung zu setzen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Restredezeit Ihres Klubs: 11 Minuten. – Bitte.

20.50

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Einladung des Kollegen Firlinger war freundlich formuliert, sie soll daher nicht unfreundlich beantwortet werden. Daher werde ich versuchen, auf diese Sache einzugehen.

Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, daß gerade in den letzten Jahren – sprich: seit dem Jahr 1994 – ganz wesentliche Verbesserungen und Entlastungen betreffend den Handel an der Börse vorgenommen wurden. Die Börsenumsatzsteuer betrifft im wesentlichen nur mehr einen Teil dessen, was an der Börse gehandelt wird, nämlich Transaktionen zwischen Händlern und Klienten. Die Einnahmen, die der Finanzminister daraus lukriert, belaufen sich auf jährlich etwa 550 Millionen Schilling. Das sind nicht unbedingt Petitessen, denn Einnahmen von 550 Millionen einmal da und einmal dort summieren sich. Daher muß man meiner Meinung nach gerade in einer Situation, in der wir darüber nachdenken, wie wir unsere Konsolidierungsziele einhalten


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