Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 172

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lesen in seiner Prognose. Darin steht nichts von einem Nationalen Beschäftigungsprogramm, wie ihr es jetzt mit Hängen und Würgen über die Bühne bringt!

Andere Länder haben diese Aufgabe erstens längst erledigt und setzen zweitens Beträge in Milliarden-Schilling-Höhe dafür ein. (Abg. Marizzi: Haben aber weit höhere Arbeitslosigkeit!) Bei uns hingegen glaubt man, das zum Nulltarif machen zu können. Daran, daß gerade die Sozialdemokraten das machen, zeigt sich wieder, daß sie nicht rechnen können. Wie ist denn die angebliche Budgetsanierung in Österreich vor sich gegangen? – Zu Lasten der Investitionen – diese wurden gegenüber 1996 beinahe halbiert! Zu Lasten der Arbeitslosen – die Arbeitslosenunterstützung wurde gekürzt! Zu Lasten der Jugend – es gibt weniger Ausbildungsplätze! Zu Lasten der Pensionisten – siehe Pensionskürzungen! Und letztlich zu Lasten der Stabilität des Arbeitsmarktes!

Ebenfalls damit verbunden ist das Abrutschen im internationalen Ranking unserer Wirtschaftsdaten. Wir fallen überall zurück. Eine Gründerwelle wird es geben, hat der Herr Vizekanzler öffentlich in Pressekonferenzen verkündet. Was erleben wir wirklich? – Im ersten Quartal 1998 zeigt sich, daß es 600 Selbständige weniger als im Vorjahr gibt. Das ist Ihre Art von Politik!

Wenn die Lage schon so rosig ist, wie Sie sie darstellen, und wenn das alles so toll ist, dann frage ich: Warum senken Sie nicht die Abgabenquote auf das international erforderliche Niveau? Warum senken Sie nicht sofort und schlagartig die Lohnsteuer? (Beifall bei den Freiheitlichen.) Würden Sie wirklich über ein derart tolles Budget verfügen, dann wären Sie ohne weiteres in der Lage, die dringend notwendige Lohnsteuerreform vorzuziehen.

Aber die Wirklichkeit schaut anders aus. Sogar Ihre eigenen Parteikollegen beklagen die Budgetsituation, so auch der Direktor des Arbeitsmarktservice in Österreich. Er hält die Lage für bedenklich und sagt, wenn er all das umsetzen müßte, was ihm auferlegt wird, dann wären dafür jährlich zusätzlich 3,7 Milliarden Schilling notwendig. – Ich frage mich, wo das Geld dafür herkommen soll. Wo finde ich im Budget zusätzliche Mittel für das Arbeitsmarktservice in der Größenordnung von 3,7 Milliarden Schilling?

Ganz im Gegenteil: Sie machen beim Arbeitsmarktservice einen Raubzug, indem Sie dort 1998 und 1999 in Summe 4,9 Milliarden Schilling für die Pensionskassen abholen. Dort, wo das Geld jetzt dringend für entsprechende Beschäftigungsprogramme gebraucht wird, nehmen Sie es weg. Das ist Ihre Form der Politik! Ich frage mich auch: Wo bleibt die Gestaltung? Wo findet eine Verlagerung der Mittel vom passiven Bereich hin zur aktiven Arbeitsmarktpolitik statt? Wo im Budget wird das ersichtlich? – Aus Ihrem Budgetbericht ist es nicht ersichtlich.

Ein weiteres Beispiel: Ein Verein für behinderte Menschen in Gleisdorf schreibt, daß er Mitarbeiter entlassen muß und die Infrastruktur gefährdet wird aufgrund Ihres Budgets: "Wir müssen 1,8 Millionen Schilling für 1998 nur an Arbeitsmarktservice-Förderungen einsparen." Wo bleibt denn da das Signal an die Beschäftigten in dieser Republik? – Nicht einmal mehr für die behinderten Beschäftigten haben Sie heute Geld. Das ist die Realität! Da können Sie auch die längste Zeit in Wien Finanzreferent gewesen sein und mit allen rhetorischen Tricks der Sozialdemokraten, die man im Renner-Institut oder sonstwo lernt, vorgehen (Abg. Dr. Karlsson: Mäßigen Sie sich, Sie Buchstabierer! Mäßigen Sie sich!) : Sie können trotzdem nicht darüber hinwegtäuschen, daß Sie nicht mehr in der Lage sind, das Budget so zu gestalten, daß es menschen- und arbeitsplatzgerecht ist.

Vom Sozialen möchte ich gar nicht mehr sprechen. Denn das ist das Problem: Es geht eine Aushöhlung des Sozialen vor sich, wie es sie in dieser Republik noch nie zuvor gegeben hat.

Zu den permanenten Selbstanklagen, daß bis zum Jahr 1995 alles schlecht gewesen sei, möchte ich sagen: Liebe Freunde, dafür sind jene Finanzminister verantwortlich, die dann zum Bundeskanzler befördert worden sind! Also kann ich auch Ihnen empfehlen, Herr Bundesminister für Finanzen: Machen Sie relativ schlechte Budgets, dann werden Sie vielleicht einmal Bundeskanzler! Es ist anscheinend eine Voraussetzung dafür in Österreich, daß man zuerst ein schlechtes Budget macht. Denn 1992 hätte Österreich ohne Sparpakete, ohne Belastungen und ohne Pensionskürzungen die Konvergenzkriterien erfüllt. Erst danach ist es losgegangen: 1994


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