Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 61

Damals waren ähnliche Bedenken vorhanden. Ich möchte Ihnen dazu einige Zitate bringen, zuerst eines von Chargaff über die Verwendung von Escherichia coli bei den Experimenten. Er sagte: Meine Generation war die erste, die unter der Führung der exakten Wissenschaften einen zerstörerischen Krieg gegen die Natur führt. Die Zukunft wird uns dafür verfluchen. - Seit mehr als 20 Jahren ist es mittlerweile angewendet worden, und bis jetzt sind noch keine negativen Folgen bekanntgeworden. (Abg. Aumayr: Da sind 20 Jahre eine recht kurze Frist!) Vieles im Leben geht in kürzeren Abläufen vor sich.

Berg wiederum sagt aus: Unser tägliches Leben, unsere gesellschaftlichen Entscheidungen und nationalen Handlungen bringen gewisse Risken mit sich. Gleichermaßen kann die Suche nach neuem Wissen nie risikofrei sein.

Wir gehen also davon aus, daß die Gentechnik in der Medizin heute unumstritten ist. Wieviel besser und nebenwirkungsärmer ist denn gentechnisch hergestelltes Insulin! - Eine Krebs-, eine Leukämiebehandlung oder eine Stammzellentransplantation ohne gentechnisch hergestellte Wachstumsfaktoren ist heute unvorstellbar. Impfstoffe, die meist Gesunden verabreicht werden, sind heute wesentlich sicherer als die auf alte Weise aus Tieren und menschlichem Plasma gewonnenen. Hepatitis- und HIV-Infektionen wurden durch Medikamente aus Plasma übertragen. Hätte es vor 18 Jahren den gentechnisch hergestellten Faktor 8, wie er heute verfügbar ist, gegeben, wäre uns die Aidsepidemie der Bluter erspart geblieben.

Gentechnisch hergestelltes Erythropoietin hilft, Bluttransfusionen einzusparen. Somatische Gentherapie ist ein Hoffnungsstrahl bei unheilbaren Erkrankungen. Das ist mir wesentlich lieber als eine Diskussion über Sterbehilfe, weil man den Menschen sonst nicht helfen kann. Ich bin dafür, daß die Wissenschaft weiterforscht, um die Menschen zu retten, um die Gesundheit zu erhalten und zu verbessern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Mag. Peter.)

Genanalysen können Menschen mit Risikofaktoren mehr Sicherheit sowie Entscheidungsmöglichkeiten für ihre Zukunft geben. Auch nach jahrelanger Anwendung wurden negative Folgen gentechnisch hergestellter Medikamente nicht nachgewiesen. Diese Medikamente stellen einen Quantensprung für die medizinischen Möglichkeiten dar.

Zurück zu den Nahrungs- und Genußmitteln: Wie ungefährlich sind die nicht gentechnisch veränderten Nahrungsmittel? - Geräucherte Lebensmittel haben ein hohes kanzerogenes Potential, sie sind Mitverursacher des Magenkarzinoms. Natürlich vorkommendes Aflatoxin oder Mutterkorn in der Nahrung hat gefährliche Folgen. Im Auslandsurlaub essen wir vieles, was hier gar nicht verkauft werden darf. Das wissenschaftlich bewiesene hohe Gefahrenpotential von Alkohol und Nikotin für Konsumenten und Umwelt induziert kein Verbot dieser Substanzen. Eine Oppositionspartei meint, daß es jedem freistehe, sich selbst zu schädigen; Nahrungsmittel aus dem Genlabor will sie - um vor einer vielleicht nicht vorhandenen Gefahr zu schützen - jedoch nicht.

Ja zur Kennzeichnung! Jeder muß selbst entscheiden können, welche Lebensmittel er verzehren will.

Zur zweiten Forderung "Keine Freisetzung genmanipulierter Organismen in Österreich!": Ein generelles Verbot ist nicht möglich. Der Ausschuß befürwortet jedoch die geforderten Verbesserungen hinsichtlich Parteistellung - wobei ich besonders über die Parteistellung der Bundesländer erfreut bin -, erweiterter Besetzung der wissenschaftlichen Ausschüsse und Strafrahmen.

Die Gentechnik läßt ihre Gegner um die Artenvielfalt fürchten. Sind nicht früher schon viele Arten ausgestorben und neue hinzugekommen? Haben nicht schon unsere Vorfahren Arten verändert und neue gezüchtet? - Es wurden dafür größere Zeiträume benötigt. Seit Bestehen der Menschheit treibt der menschliche Geist die Entwicklung voran. Mikroorganismen wurden ausgerottet, neue entdeckt.

Die Fortschritte sind jedoch so rasant, daß sie viele Menschen überfordern. Diese wollen dann den Entwicklungen Einhalt gebieten, um sich sicher und geborgen zu fühlen. Es gibt aber keinen


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