Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 144

Herr Abgeordneter Maitz! Ich spreche hier auch als Angehörige von Vertriebenen und Getöteten, und ich kann Ihnen eines sagen: Dieses Bild, dieses Jubelbild der NATO wird von den Bosnierinnen und Bosniern nicht geteilt. Viele haben sich gefragt: Wie lange hat man gewartet? Warum hat man gewartet? Was waren die militärstrategischen Interessen? (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Hätte es nicht, meine Damen und Herren von der ÖVP, ein ökonomisches, ein politisches, ein soziales Eingreifen 1989 gebraucht, als der Kosovo de facto erobert wurde? (Beifall bei den Grünen.) Sie kommen immer dann, wenn es zu spät ist. Das ist die Logik der Militärs! (Abg. Dr. Maitz: Was haben denn die Frauen im Kosovo in die Höhe gehalten? - "NATO help!" "Wo ist die NATO?" - Abg. Schwarzenberger: Wollten Sie weiteres Morden im Kosovo? - Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Herr Abgeordneter Maitz! Sagen Sie doch einmal den Österreicherinnen und Österreichern: Wir sind auch für die Bekämpfung der Kriminalität! - Mit Ihren 500 Panzern um 11,3 Milliarden Schilling? Wie bekämpfen Sie das Wohlstandsgefälle? Mit Abfangjägern, Herr Abgeordneter Maitz? (Abg. Dr. Maitz: "Wo ist die NATO?" haben die Frauen im Kosovo gefragt und nicht: Wo ist die Frau Petrovic? Sie hat niemand gebraucht!) Halten Sie es so wie der amtierende Außenminister, daß Sie sagen: Die Bloßfüßigen, was scheren uns die? Wir riegeln einen militärischen Kordon ab mit 500 neuen Panzern! Panzer, meine Damen und Herren, um 11 Milliarden Schilling, die uns fehlen in der Sozialpolitik. Sozialpolitik, Umweltpolitik und präventives Krisenmanagement - das ist Sicherheitspolitik heute, nicht aufrüsten und schießen. (Beifall bei den Grünen. - Abg. Schwarzenberger: Sie wollten weiter morden lassen!)

17.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt, steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. 6 Minuten Restredezeit. - Bitte, Herr Abgeordneter.

17.33Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte hat gezeigt, daß die anfängliche Aufgeregtheit des Kollegen Scheibner nicht notwendig war. Sie bringt im übrigen auch der österreichischen Bevölkerung kein Mehr an Sicherheit, sondern versucht nur, ein Spiel mit gezinkten Karten, das nun seit mehreren Monaten betrieben wird, ungehindert fortzusetzen.

Wenn ich rekapituliere, was seine Argumentation war, dann muß ich sagen, ich war einigermaßen amüsiert, wenn sein Blick etwas verklärt auf die NATO gefallen ist als eine Institution der völlig selbstlosen Pazifisten, in der es überhaupt nicht um Interessen geht, in der es überhaupt nicht um Einflußzonen geht und in der man sich gefragt hat, wann jetzt endlich der erste NATO-General seine Uniform mit grobgestrickten Schafwollsocken austauschen wird. So hat er das Friedensapostelimage der NATO dargestellt. (Abg. Dr. Schwimmer: Das ist sogar schon passiert! Das ist schon passiert in Deutschland!) Ah, ist schon passiert. Der Bastian, ich weiß.

Wenn demgegenüber aber eingeworfen wird, daß es natürlich bei der NATO nach wie vor unveränderte Doktrinen gibt - auch was den Ersteinsatz von Atomwaffen betrifft, was die Stationierung fremder Truppen betrifft -, daß es erhöhte Kosten gibt, dann sagt der Kollege Scheibner: Alles erlogen, alles nicht wahr! Er sagt sogar etwas, was noch viel, viel ärger ist: Die bisherige Teilnahme Österreichs an Kooperationen mit der NATO - das ist in Wirklichkeit das viel Gefährlichere, denn da gibt es Kampfeinsätze, da gibt es wirklich Einsatz, Kampf und so weiter. Er will also suggerieren: Wenn man in der NATO ist, dann ist man sozusagen in der "Schafwollsockenidylle", während man sich auf der anderen Seite, wenn man mit der NATO kooperiert, in einem permanenten Kampfeinsatz befindet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit hat Kollege Scheibner wirklich neue Standards gesetzt, allerdings Standards in dem Versuch, die öffentliche Meinung zu manipulieren. (Beifall bei der SPÖ.)


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