Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 145

Richtig ist vielmehr, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß die alte NATO-Doktrin nach wie vor auf der Annahme einer sowjetischen Invasion in Europa fußt. Das ist die alte NATO-Doktrin. Damit ist die NATO bestens auf eine Bedrohung vorbereitet, die nicht mehr existiert. (Zwischenrufe der Abgeordneten Großruck und Dr. Maitz.) Nein, ich gestehe zu, daß die NATO davon weg will, aber noch nicht weg ist. Wir wissen nicht, wann sie vielleicht davon weg sein wird, aber wir wissen, daß es höchst unterschiedliche Vorstellungen über die weitere Entwicklung der NATO gibt.

Man braucht sich nur die Mühe zu machen - des öfteren fahren ja auch Leute von Ihnen über den großen Teich -, sich in den USA umzuhören, was denn die neue Funktion der NATO sein soll. Und da höre ich nicht das, was ich hier im Parlament höre, sondern da höre ich etwas ganz anderes. Da höre ich, daß die Verteidigung Europas aufgrund des Niederbrechens des Eisernen Vorhangs in Wirklichkeit obsolet geworden ist und daß es darum geht, die sogenannten gemeinsamen Interessen im globalen Maßstab, sprich außerhalb Europas, zu betreiben.

Was heißt denn das? - Das heißt, daß Out-of-area-Einsätze vorherrschend sein werden, der Einsatz von Truppen außerhalb des europäischen Territoriums. Das heißt, daß es darum geht, möglichst rasch Truppen aus Europa hinauszuverlagern. Und das heißt natürlich auch, daß man umrüstet von landgestützten auf see- und luftgestützte Atomwaffen.

Das sind die klaren Vorstellungen, die in vielen Kreisen der USA heute vorhanden sind, wie ja im übrigen - das muß man in der Debatte auch dazusagen - nicht immer, wenn irgendwo Menschenrechte verletzt werden, sofort die internationale Friedenseinheit der NATO kommt und dort für Recht und Ordnung sorgt, sondern nur in sehr ausgewählten Fällen, bei denen es auch eine Interessenidentität mit den einzelnen nationalstaatlichen und vor allem den amerikanischen Interessen gibt. (Abg. Ing. Reichhold: Vor allem in Bosnien! Es gibt kein Erdöl in Bosnien!)

Es muß auch legitim sein, ohne daß man primitiv beschimpft wird, die Frage zu stellen, ob für alle Zukunft europäische und amerikanische Interessen in allen Teilen der Welt so identisch sein werden, daß immer ein gemeinsames Vorgehen gegeben ist. (Abg. Ing. Reichhold: Sie hätten noch monatelang zugeschaut, wie die Frauen vergewaltigt werden!)

Ich bin der Meinung, die Kooperation mit den USA soll es geben, aber man muß sehen, wo es auch unterschiedliche Interessen gibt. Diese erfordern eine stärkere europäische Organisierung, diese erfordern, daß die ausgetrampelten Pfade des kalten Krieges von NATO bis Warschauer Pakt verlassen werden. Der Amsterdamer Vertrag bietet eine günstige Grundlage hiefür. (Beifall bei der SPÖ. - Abg. Ing. Reichhold: Keine Fakten!)

Die österreichische Bevölkerung will eine Weiterentwicklung unseres Konzepts von Neutralität und Solidarität. (Abg. Ing. Reichhold: Das ist von vorgestern!) Dieser Wunsch und Wille der österreichischen Bevölkerung ist der politische Auftrag der Sozialdemokratie. (Beifall bei der SPÖ.)

17.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Restredezeit Ihres Klubs: 7 Minuten - Bitte, Herr Abgeordneter.

17.38Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich stehe noch unter dem Eindruck der sehr bewegenden Rede des Grandseigneurs, des letzten verbliebenen Grandseigneurs im Klub der Österreichischen Volkspartei, Dr. Alois Mock.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bedauere, Herr Dr. Mock, daß Sie derzeit nicht Außenminister dieser Republik sind, ich bedauere, daß Sie nicht Klubobmann der Österreichischen Volkspartei sind (Beifall bei den Freiheitlichen), weil ich überzeugt davon bin, daß Sie sowohl in der einen wie in der anderen Funktion der Österreichischen Volkspartei, dem Parlament und dieser Republik die Peinlichkeiten erspart hätten, die Ihnen der Herr Mock (ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Khol), pardon, die Ihnen Herr Schüssel und Herr Khol eingebrockt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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