Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 191

sind Fragen von eminenter Bedeutung für eine emanzipatorische, für eine demokratische Gesellschaft, für eine Gesellschaft, die wirklich ernst macht mit der Menschenwürde.

Daher bedarf es einer Totalreform. Denn solange wir eine männerzentrierte Arbeitswelt und ein aus dieser männerzentrierten Arbeitswelt abgeleitetes Sozialsystem haben, können wir kosmetisch einiges tun, aber keine Trendwende schaffen. Daher brauchen wir einen Paradigmenwechsel in diesem Zusammenhang. Die eigenständige Altersabsicherung der Frau zum Beispiel müßte eine Selbstverständlichkeit sein, ohne daß die vorherige Karriere angerechnet wird - ich meine im negativen Sinn, denn wenn sie positiv ist, wird sie ohnehin angerechnet. Wenn sie in dieser männerzentrierten Arbeitswelt nicht positiv ist, wird sie nicht angerechnet. Das Ergebnis ist bekannt.

Deswegen treten wir für den Ansatz der Grundsicherung ein und nicht deshalb, weil wir der Meinung sind, daß das das einzige und ausschließliche Mittel ist, die emanzipatorische Frage zu lösen. Aber es wäre ein Hebel, die anderen notwendigen Fragen im Bereich einer wirklichen Gleichstellung und Gleichbehandlung zu bewegen.

Daß wir auch in der Frage der Pensionsreform wieder nichts für die eigenständige Absicherung der Frau geleistet haben, sondern ganz im Gegenteil mit einer Bestimmung im Verfassungsrang die Angleichung des Pensionsantrittsalters auf das Jahr 2018 verschoben haben, weil offenbar die Bundesregierung selber weiß, daß frühestens im Jahr 2018 Erfolge zu erwarten sind, was die Gleichstellung in der Arbeitswelt anlangt, spricht Bände.

Es ist meiner Ansicht nach richtig, daß am Beginn der siebziger Jahre, in der frühen Ära Kreisky, manches gelungen ist - die Familienreform etwa wurde genannt -, aber wenn sich heute Bundesministerin Prammer auf Erfolge der ersten Hälfte der siebziger Jahre beruft, dann ist das einfach zuwenig. Die Erfolge sind schön, aber wir schreiben 20 Jahre und mehr später.

Daher erlauben Sie mir zum Abschluß noch zwei Bemerkungen zu den von mir schon vorher erwähnten §-27-Anträgen. Wenn Sie zum Beispiel das Mutterschutzgesetz und das immer noch "Eltern-Karenzurlaubsgesetz" genannte Gesetz nur deswegen novellieren, weil Sie im Dezember 1997 vergessen haben, daß diese beiden Paragraphen an das, was im Dezember 1997 beschlossen wurde, angepaßt werden müssen, und das dann als "Reform" bezeichnen, so ist das erbärmlich, wirklich erbärmlich. Und wenn im Arbeitsverfassungsgesetz ein neuer § 92b eingefügt wird, in dem etwas drinnen steht, was Betriebsräte auch bisher schon immer hätten machen dürfen, dann ist das auch nicht wirklich sehr erfreulich, sondern bestenfalls etwas demonstrativ-plakativ Lustiges.

Aber auch mit dem § 92b werden Sie die männerzentrierte Arbeitswelt nicht ändern, denn wenn die Betriebsräte Vorschläge machen, noch bevor die Neubewertung der Arbeit als Vorleistung erbracht wurde, werden diese Vorschläge in den Betrieben versickern. Wenn hingegen die Neubewertung der Arbeit geleistet würde - einer unserer Anträge übrigens -, dann hätten solche betrieblichen Vereinbarungen eine Chance.

Immer das erste zuerst, das zweite danach! Ich bitte Sie, denken Sie darüber nach! Das Thema bleibt auf der Agenda. - Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

21.13Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Steibl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. - Bitte.

21.13Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einem Fax beginnen, das von einem Frauenverein aus Vorarlberg abgeschickt wurde. (Die Rednerin hält ein Blatt Papier in die Höhe, auf dem eine alte, Grimassen schneidende Frau abgebildet ist.) Ich glaube, dieses Bild allein zeigt, wie diskriminierend Frauen miteinander umgehen. Dieser Frauenverein wird noch von der öffentlichen Hand, sprich aus Mitteln des Frauenministeriums, gefördert. Das Bild dieser alten Frau allein zeigt meiner Meinung nach, daß von der vielzitierten Frauensolidarität nicht sehr viel vorhanden


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