Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 240

der gefängnislosen Gesellschaft von Broda. Ich verhehle nicht, daß Justizminister Broda eine Reformpolitik eingeleitet hat, die teilweise durchaus ihre Berechtigung hatte. (Abg. Mag. Stadler: Nur ein kleiner Teil!) Im Bereich des Strafrechtes mit der Vision der gefängnislosen Gesellschaft jedenfalls nicht! Das ist überhaupt keine Frage! (Abg. Dr. Khol: Gott sei Dank!)

Die umgekehrte Interpretation allerdings, die man seinerzeit dem damaligen Bundeskanzler Vranitzky unterstellt hat oder auch wahrheitsgemäß wiedergegeben wurde, nämlich daß jemand, der Visionen hat, einen Arzt braucht, hieße, das Kind mit dem Bade auszuschütten. - Denn ich bin der Meinung, Politik kann nicht ganz ohne Visionen auskommen, da jemand, der keine Visionen hat, mittel- und langfristig auch keine Änderungen herbeiführen kann. (Abg. Mag. Stadler: Der braucht auch einen Arzt!) Vor allen Dingen aber müssen die Visionen von der Realität getragen werden, und es muß auch der Realität zum Durchbruch verholfen werden. (Abg. Dr. Khol: Schlußsatz!)

Wenn immer von Visionen die Rede ist, dann sollte endlich auch über jene - es ist tragisch, daß es noch immer eine Vision ist - eines verbesserten Opferschutzes die Rede sein. Ich höre immer nur, daß der Schwerpunkt in der Justizpolitik der Opferschutz sei. Aber in Wirklichkeit geschieht nichts! Es tut sich nichts! (Abg. Dr. Fekter - ein Schriftstück hochhaltend -: Doch, doch!) Ein Antrag liegt zwei Jahre vor. Endlich kommt er auf die Tagesordnung des Hohen Hauses, und dann wachelt Frau Kollegin Fekter stolz mit einem Papier in einem blauen Einband (Abg. Dr. Fekter: Das muß einem gefallen!) und sagt: Das ist die Diskussionsgrundlage! Wir stellen diese morgen vormittag vor.

Ihr habt durch das Ministerium die notwendige Legistik, aber es geschieht trotzdem nichts. (Abg. Dr. Fekter: Ich nicht! Der Herr Justizminister!) Das ist doch das Faktum! Es geschieht nichts! Im Zentrum des Interesses der Strafrechtspflege und der Justiz steht und stand der Täter, daran hat sich bis zum heutigen Datum noch nichts geändert. In der Volkspartei hat sich zwischenzeitlich herumgesprochen, daß das auch nicht das Gelbe vom Ei ist. Man soll jetzt etwas für die Opfer tun. In Wirklichkeit geschieht aber nichts.

Dieses Papier beinhaltet einen seriösen Vorschlag. Das wurde, wie ich glaube, dem Kollegen Ofner, von dem dieser Antrag in erster Linie stammt, allseits beschieden. Aber es ist zuwenig, Herr Kollege Jarolim, wenn Sie sagen, daß das eine Diskussionsgrundlage ist. Sie haben doch alle Möglichkeiten, diese Diskussionsgrundlage auch in entsprechende Anträge zu gießen mit Ihrer Legistik, die Ihnen zur Verfügung steht. Es kann nicht immer nur bei leeren Worten bleiben, die Worte müssen fraglos auch umgesetzt werden. (Abg. Dr. Fekter: Wieviel Redezeit hast du noch?) Frau Kollegin Fekter! Was war das für ein Zwischenruf? (Abg. Dr. Fekter: Wieviel Redezeit du noch hast!) - Liebe Kollegin Fekter! Ich habe deine Reden auch erdulden und ertragen müssen! Ich glaube, du solltest die Fairneß haben, auch die Letztausführungen meiner Rede zur Kenntnis zu nehmen.

Ich sage noch einmal: Dieser strapazierte Begriff "Opferschutz" ist eine Seifenblase - sonst gar nichts! Ohne Umsetzung nützt das überhaupt nichts! Das hat keinen Sinn und hilft keinem einzigen Opfer! Denn es hat sich bis zu den Opfern noch nicht durchgesprochen, daß es diese Vision gibt. Wenn hier nur mit einem blauen Papier gewachelt wird - wenngleich die Farbe sicherlich nicht schlecht gewählt ist -, dann nützt es nichts, wenn es dann an der Umsetzung mangelt. Es genügt nicht, wenn lediglich irgendwelche Absichtserklärungen in der Presse bekanntgegeben werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.41

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Restredezeit ihres Klubs: 1 Minute. - Bitte.

0.41

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Um mit den Worten des Kollegen Krüger zu sprechen: Weil der Realität zum Durchbruch verholfen werden muß, muß ich Ihnen mitteilen: Dieser Antrag ist vom 26. Feber 1998 und nicht zwei Jahre alt, wie er gesagt hat! (Abg. Dr. Khol: Krüger kennt den Akt offenbar nicht!)


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