Ich weiß nicht, ob das banal ist, Herr Abgeordneter! Offenbar hat hier ein mutmaßlicher Täter über Jahre hinweg eine Verbrechensserie entwickeln können, ohne daß es jemandem aufgefallen ist, obwohl er nicht allein gelebt hat. Wenn eine Wachsamkeit in der Bevölkerung vorhanden ist, dann sage ich, gerade als jemand, der eine Briefbombe bekommen hat, auch danke schön für diese Wachsamkeit und bin froh darüber, daß es Menschen gibt, die bei derartigen Vorfällen um eine Überprüfung bitten. Sie kritisieren ja sonst immer, wenn Derartiges unterbunden wird. Also hier ist ganz offenbar richtig gehandelt worden, wodurch auch immer: durch Instinkt, durch Wachsamkeit und auch sicherlich durch eine gehörige Portion persönlichen Mutes.
Ich frage Sie schon, wie es denn mit der Belohnung ausschaut und ob es nicht an der Zeit wäre, für den entscheidenden Hinweis die ausgesetzte Belohnung tatsächlich zu übergeben.
Ich komme zum allerletzten Punkt, und da schließt sich wieder der Kreis mit meiner Frage: Was bringt uns die heutige Debatte, außer daß sie durchaus die Gefahr heraufbeschworen hat, daß vielleicht im Verfahren der Eindruck entstehen könnte, die Unbefangenheit gerät in Gefahr oder es tritt eine Vorverurteilung ein? – Ich will, daß dieser Prozeß effizient geführt werden kann und daß nicht der geringste derartige Verdacht im Raum steht und daß das Verfahren auch zu einem Abschluß kommen kann.
Aber ich frage Sie noch einmal, auch in bezug auf die Zwischenrufe und gerade auch auf die Äußerungen des Abgeordneten Stadler: Was bringt es und wozu führt es? – Da muß ich schon eines sagen: Ich stehe felsenfest, weil ich immer politisch dieser Überzeugung war, auf der Basis der beruflichen und außerberuflichen Immunität, so wie sie in den rechtlichen Grundlagen verankert ist. Nicht einmal Wortmeldungen wie die des Abgeordneten Stadler werden mich diesbezüglich in meiner Überzeugung erschüttern können.
Aber wenn Stadler hier am Rednerpult sagt, der Bombenterror sei politisch schamlos instrumentalisiert worden, dann muß ich sagen, das hat eine einzige Partei getan, nämlich die Freiheitliche Partei, und insbesondere der Abgeordnete Stadler. Es hat bis zum heurigen Frühjahr acht Anfragen betreffend die Kollegin Stoisits gegeben, die selber eine Briefbombe bekommen hat, in denen sie in den Dunstkreis dieses Verbrechens gerückt wird. Das ist von derselben Abstrusität und Impertinenz, so wie Sie gestern den Abgeordneten Marizzi auf einmal zum Kopf der Russenmafia und zum Auftraggeber von Morden gemacht haben und heute offenbar den Ex-Bundeskanzler Vranitzky. Das ist von derselben Abstrusität! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Ganz offenbar kommen diese Ihre Verdächtigungen aber – und das scheint wieder kein Zufall zu sein – im Zusammenhang mit Menschen, Österreicherinnen und Österreichern, die einen ausländischen Namen haben. Und da, Herr Kollege Stadler, haben wir immer gesagt – und bei dieser meiner Behauptung, die ich auch in diesem Haus mehrmals gesagt habe, bleibe ich, weil sie den Tatsachen entspricht –: Niemand macht irgend jemand von der Freiheitlichen Partei den Vorwurf einer direkten Beteiligung an diesem Delikt. "An anderen Delikten" kann ich jedenfalls seit dem Abgeordneten Rosenstingl nicht mehr sagen.
Es macht Ihnen auch niemand den Vorwurf, dieses Verbrechen in irgendeiner Form gutzuheißen oder gutgeheißen zu haben, aber ich mache Ihnen den Vorwurf, daß Sie mit Ihren permanenten Thesen der Ausländerfeindlichkeit, des Heraufbeschwörens irgendwelcher dunkler Machinationen, sogar im Bereich von Repräsentantinnen und Repräsentanten des politischen Systems, sehr wohl den Boden aufbereitet haben, damit sich als Spitze des Eisberges solche, vermutlich schwer gestörte Täter entwickeln können, weil hier offenbar die Schranke, bis zu der das Unrechtsbewußtsein reicht, sehr stark herabgesetzt worden ist. Eine politische Verantwortung oder Mitverantwortung kann man Ihnen in diesem Fall tatsächlich nicht abnehmen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
15.19
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Parfuss. – Bitte.