Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 121. Sitzung / 103

stellen, daß Sie auf die behinderten Frauen beziehungsweise darauf, welcher Maßnahmen es zu deren Wiedereingliederung bedarf, schlicht und einfach entweder vergessen oder die Situation behinderter Frauen auf dem Arbeitsmarkt einfach ignoriert haben. Ich finde, da sind Sie uns eine Antwort schuldig.

Es kommt im NAP zwar der Begriff "Behinderteneinstellung" vor, aber Sie wissen, daß die Situation behinderter Frauen auf dem Arbeitsmarkt nicht mit der Situation behinderter Männer auf dem Arbeitsmarkt verglichen werden kann, so wie auch gesunde, nicht behinderte Frauen nicht die gleichen Voraussetzungen wie nicht behinderte Männer auf dem Arbeitsmarkt vorfinden. Es bedarf daher auch unterschiedlicher Regelungen.

Behinderte Frauen haben im Bereich der Arbeitswelt ihren eigenen Status und können nicht pauschal mit behinderten Männern verglichen werden. Im Frauenbericht kommen behinderte Frauen kaum vor, und im NAP sind behinderte Frauen überhaupt nicht mehr gesondert enthalten. Sie werden nur mehr dort erwähnt, wo es ganz allgemein um Behinderte geht.

Der nächste Bereich ist der Verbraucherschutz. Frau Ministerin! Ich habe bis zum Vorjahr das Kapitel Konsumentenschutz betreut und voriges Jahr im Rahmen dieser Debatte auch darüber gesprochen. Ich habe Sie darauf aufmerksam gemacht, daß es speziell im Konsumentenschutz noch immer gravierende Mißstände gibt, wenn es etwa darum geht, für blinde Menschen Medien, Preislisten, Veranstaltungshinweise et cetera lesbar zu machen. Es ist diesbezüglich aber bis heute nichts geschehen.

Es gibt für blinde Menschen überhaupt keine Möglichkeit, sich im Rahmen ihres Verbraucherdaseins auch nur annähernd am Markt orientieren zu können, und zwar deshalb nicht, weil nichts so ausgezeichnet ist, daß es auch blinde Menschen wahrnehmen können und es keine einzige Publikation in einer Schrift gibt, die Blinde lesen können. Da besteht großer Handlungsbedarf.

Sie wissen genau, wie schwierig es speziell für blinde Menschen ist, sich am Markt zu orientieren. Sie wissen genau, wieviel Vertrauen blinde Menschen brauchen, um sich Auskunft in wichtigen und wesentlichen Fragen geben zu lassen, ohne selbst kontrollieren zu können, ob diese Auskunft auch tatsächlich stimmt und den Gegebenheiten angepaßt ist. Es ist immer besser, wenn man sich sein Wissen selbst aneignen kann, indem man etwa eine Preisliste im Geschäft liest oder indem man zum Beispiel auch Gesetze oder Aufzeichnungen von Daten selbst liest, anstatt sie sich vorlesen lassen zu müssen.

Diesbezüglich ist in den letzten Jahren überhaupt nichts geschehen. Speziell blinde Menschen sind doch einer viel größeren Gefahr ausgesetzt, durch falsche Verträge - Sie können diese Verträge ja nicht selbst lesen! - in Fallen hineinzutappen, als es nicht sehbehinderte Menschen sind.

Da ist noch einiges zu tun und es müssen noch viele Forderungen erfüllt werden, denn ich mache noch einmal darauf aufmerksam: Es gibt den Gleichstellungsparagraphen bereits, und zwar in Artikel 7 der Bundesverfassung. Und die Bundesregierung, die diese Ergänzung der Bundesverfassung mitbeschlossen hat - ich sage: Gott sei Dank -, kann sich jetzt ihrer Verantwortung nicht dadurch entziehen, daß sie vielleicht wieder einmal versucht, ihr eigenes Gesetz nicht einzuhalten.

Frau Ministerin! Ich bitte Sie, diese Punkte speziell im Bereich des Konsumentenschutzes wirklich mitzubedenken. Vielleicht ist es möglich, bereits nächstes Jahr Mittel vorzusehen, die es möglich machen, daß auch behinderte Menschen, und zwar speziell blinde Menschen, den Zugang zu Medien, den Zugang zur Information genauso erhalten, wie ihn nichtbehinderte Menschen selbstverständlich für sich in Anspruch nehmen. - Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Peter Marizzi. - Bitte.


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