Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 122. Sitzung / Seite 84

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Ich weiß, daß Sie dieses Problem bereits kennen. Es sind schon sehr viele behinderte Menschen an Sie herangetreten und haben Sie gebeten, eine Änderung des EKHG herbeizuführen, aber bis heute ist überhaupt nichts geschehen. Die Novellierung dieses Gesetzes würde, Herr Minister, keinen einzigen Schilling kosten, sondern es ginge ganz allein darum, daß Sie endlich den Willen dazu hätten. Ich bitte Sie, rasch eine Änderung dieses EKHG herbeizuführen, da es bei weitem nicht mehr zeitgemäß ist. Es ist für mich unvorstellbar, daß ein Gesetz seit 1959 nie novellierungsbedürftig war, Herr Minister, denn es muß sich etwas geändert haben.

Eines ist mir auch noch wichtig – ich komme wieder auf die ÖBB zurück –: Es ist ja nicht unbekannt, daß mobilitätsbehinderte Menschen meist die Möglichkeit nützen – wenn sie vorhanden ist –, das Auto auf dem Zug mitzunehmen, um eben weite Strecken nicht selbst fahren zu müssen. Herr Minister! Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, daß es auf der gesamten West- und Südbahn keinen einzigen Nachtzug gibt, der einen Rollstuhlwaggon mitführt. Das Reisen während der Nacht sowie die Mitnahme des Autos sind für behinderte Menschen schlicht und einfach unmöglich! Obwohl gerade mobilitätsbehinderte Menschen in hohem Maße auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, können diese Menschen dieses Angebot nicht auch nur annähernd in Anspruch nehmen.

Herr Minister! Ich habe schon vor Wochen mit der Hochleistungsstrecken-AG Kontakt aufgenommen, weil vorgesehen ist, einzelne Bahnhöfe umzubauen. Ich habe das gemacht, damit diese Bahnhöfe so umgebaut werden, daß sie wirklich etwas bringen und damit wirklich jede Bürgerin und jeder Bürger etwas davon hat.

Als allererstes geht es immer um das Problem: Braucht der Bahnhof einen Lift oder nicht? Speziell dann, wenn der Bahnhof dreigleisig ist, stellt sich sofort diese Frage. Ich habe mir jetzt einige Projekte von Bahnhöfen, die umgebaut werden sollen, angeschaut, und wir sind zu dem Schluß gekommen, daß es zehnmal sinnvoller ist, überdachte Rampen nach der ÖNORM 1600 zu bauen als Lifte, die letztendlich meistens dann, wenn man sie braucht, nicht funktionieren.

Ich möchte Sie, Herr Minister, bitten, beim Umbauen von Bahnhöfen nicht zu vergessen, daß wir seit Juli eine Verfassungsbestimmung haben, die besagt, daß behinderte Menschen nicht diskriminiert werden dürfen und daß Bund, Länder und Gemeinden aufgefordert sind, dies zu gewährleisten. Ich meine, von seiten Ihres Ministeriums wäre es leicht, diese Verfassungsbestimmung umzusetzen, denn gerade jetzt, wo so viele Bahnhöfe umgeplant werden, könnten Sie wirklich versuchen, diese Bahnhöfe entsprechend zu adaptieren, damit sie für alle benutzbar sind.

Ich mache nicht nur Ihnen das Angebot, sondern habe es auch der Hochleistungsstrecken-AG schon gemacht, bei Umbaumaßnahmen mit mir zusammenzuarbeiten. Ich würde mir anschauen, ob sie wirklich den Erfordernissen entsprechen. Ich mache Ihnen dieses Angebot heute noch einmal und hoffe, daß es genützt wird, denn die Voraussetzungen für Mobilität von Behinderten im öffentlichen Raum sind – verglichen mit den skandinavischen Ländern – in Österreich eine Katastrophe. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! Ich möchte Ihnen – ich will die Gelegenheit wahrnehmen – einen Brief von der "Selbstbestimmt-leben-Initiative" in Oberösterreich übergeben, die darin in wenigen Punkten konkretisiert, wo die Probleme im Hinblick auf die Gesetzeslage liegen und welche Änderungen erforderlich sind. Ich möchte Ihnen den Brief geben mit der Bitte, mit dieser Gruppe Kontakt aufzunehmen und ihr einen Gesprächstermin einzuräumen. Es wäre dafür wirklich an der Zeit.

Die Beförderungsunternehmen in den einzelnen Bundesländern werden ihre Einstellung nicht ändern und auch nicht bereit sein, behinderte Menschen ohne Begleitperson zu befördern, solange das EKHG nicht entsprechend novelliert wird und es ein "Muß" für öffentliche Verkehrsunternehmen ist, behinderte Menschen auch ohne Begleitperson zu befördern. (Beifall bei den Grünen.)

Ich hoffe, daß Sie diese Minimalforderungen in einer realistischen Zeit endlich erfüllen, weil sie so gut wie keinen finanziellen Aufwand bedeuten und weil es ohnehin schon zehn, zwölf Jahre ansteht, diesen Bedürfnissen zu entsprechen.


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