Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 86

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14.58

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich gehe kurz – und in Abwesenheit des Herrn Abgeordneten Ofner – auf das ein, was er vorhin hier gesagt hat. Das soll nicht so stehenbleiben (Abg. Mag. Barmüller: Er spricht jetzt mit Krüger!); Herr Abgeordneter Ofner wird das dann schon erfahren.

Meine Damen und Herren! Ich kann verstehen, daß die freiheitliche Fraktion zurzeit andere Sorgen hat als die Landwirtschaft. Herr Abgeordneter Ofner – und alle, die ihm zugehört haben: Es ist auch nach Adolf Hitler und nach der Erkenntnis über die auch heute noch unvorstellbaren Dimensionen des Verbrechens nicht illegitim, das Wort "Führer" zu verwenden: Dieses Wort wird ja auch in anderem Zusammenhang verwendet. Es ist lediglich die Frage, welcher Kontext hergestellt wird, und die Frage, was damit verknüpft wird.

Ich sage Ihnen eines dazu: Ich habe mich in der Vergangenheit stets bemüht – und ich würde sagen, die meisten Mitglieder dieses Hauses haben sich stets bemüht –, eine deutliche Zäsur zu machen. (Abg. Ing. Reichhold: Das stimmt nicht!) Nur von Ihrer Seite kommt keine Antwort. Es wird das Verhalten der freiheitlichen Fraktion nicht deswegen kritisiert, weil es um irgendeine prinzipielle Einmischung in die internen Angelegenheiten eines Klubs geht, sondern weil Sie dieses Verhalten permanent in dieses Haus einbringen und damit auch die Arbeitsweise bestimmen. Es ist ein Faktum, daß diese Fraktion ... (Abg. Ing. Reichhold: Was meinen Sie konkret?)  – Wenn Sie mich ausreden lassen, will ich es Ihnen gerne sagen, Herr Kollege Reichhold. (Beifall bei den Grünen.) Wenn Sie Menschen nicht ausreden lassen, dann unterstreichen Sie das, was ich Ihnen jetzt sagen will (Abg. Dr. Graf: Aber Zwischenrufe werden Sie noch zulassen, oder?), nämlich daß in dieser Fraktion ein ganz starker ... (Zwischenruf des Abg. Ing. Reichhold. – Nein, Herr Kollege Reichhold, ich will Ihnen gar nichts verbieten. Ich möchte Sie einladen, einmal zu antworten, und dazu haben Sie in dieser Debatte vielleicht Gelegenheit. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Es ist mir wirklich ernst. Ich meine das nicht sarkastisch und nicht polemisch, sondern wirklich ganz, ganz ernst: Ich habe den Eindruck, daß in Ihrer Fraktion das autokratische Prinzip weit stärker ausgeprägt ist als in den anderen Fraktionen. Es war für Sie erfolgreich, bei Wahlen eine Person sehr stark in den Mittelpunkt zu stellen, diese Person auf jedem Wahlplakat – auch als Garant Ihrer Prinzipien – der Öffentlichkeit vorzustellen. Nur wenn es dann um die Frage der Einhaltung von Prinzipien geht, reduzieren Sie politische Verantwortung auf die Frage: Hat jemand einen Mitanteil an einem Vorgehen, das strafrechtlich verboten ist, hat sich jemand strafrechtlich etwas zuschulden kommen lassen, und kann man es ihm denn beweisen?

Ich habe in der ganzen Debatte – und ich glaube sehr wohl, sie fair geführt zu haben – gesagt, es ist keine Fraktion in diesem Haus davor gefeit, daß sich irgend etwas Unrechtmäßiges bei einer Person ereignet. Aber die Frage, wie man dann damit umgeht, wenn sich so etwas ereignet, wird von Ihnen im Vergleich zu den anderen Fraktionen sehr unterschiedlich gesehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ, der ÖVP und des Liberalen Forums.)

Ich habe Ihnen auch gesagt – insofern scheint dieser überzeichnete Vergleich, der nicht auf Verbrechen, wohl aber auf das Verständnis von politischer Verantwortung abstellt, sehr wohl angebracht –: Wenn es in Ihrer Fraktion nur mehr möglich ist, das zu hören, was genehm ist, das zu hören, was den Machtanspruch nicht in Frage stellt, dann schaffen Sie erleichterte Bedingungen dafür, daß Unkorrektheiten passieren, daß Gesetzwidrigkeiten passieren und, wenn sie passieren, daß sie nicht angesprochen und nicht aufgeklärt werden.

Ich sage Ihnen noch eines, ich habe es Ihnen jetzt schon zweimal vorgelesen und werde Sie immer wieder darauf ansprechen, nämlich daß Sie zu ein und demselben Untersuchungsausschuß, und zwar was die Frage der Kurdenmorde betrifft, innerhalb kurzer Zeit Ihre Meinung völlig geändert haben. Zuerst haben Sie gesagt, das sei alles ungeheuerlich, das müsse aufgeklärt werden, der Bundespräsident müsse Rede und Antwort stehen. Dann gibt es einen Parteibeschluß, daß man ihn in der Wahl als Präsidentschaftskandidaten unterstützen will, und auf einmal wird das Verlangen nach Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als ein plumpes Manöver, als ein Anpatzen bezeichnet.


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