Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 125. Sitzung / Seite 54

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Die Zahl der Gewaltverbrechen der 18- bis 20jährigen ist seit dem Jahr 1984 um 200 Prozent gestiegen. Die Jugendarbeitslosigkeit steigt dramatisch, und mehr als drei Viertel aller unter30jährigen sehen ihre Zukunft eher düster. 75 Prozent der unter 30jährigen sehen ihre Zukunft düster.

Viele Jugendliche verhalten sich zunehmend apathisch oder pflegen eine gewisse Ellbogenmentalität. Wie eine Gesellschaft von Zukunftslosen aussehen kann, läßt sich schon jetzt auf manchem Schulhof oder in der Hardcore-Abteilung von Videotheken beobachten. Es gibt 13jährige Dealerinnen; 15- bis 16jährige schießen eine Trafikantin nieder.

Herr Bundesminister für Jugend! Ich mache auf keinen Fall Sie für diese Entwicklung verantwortlich. Ganz im Gegenteil: Ich weiß nämlich, daß Ihnen als Vater von fünf Kindern die Jugend sicherlich am Herzen liegt. Daher ersuche ich gerade Sie ganz dringend, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die Sie haben, in den Schulen, bei den Eltern – vor allem bei den Eltern! –, mit Informationen aktiv zu werden.

Denn Kindern, die vernachlässigt werden, die sozusagen dem Fernseher überlassen werden, die ständig Streit ausgesetzt sind, die als "lästig" empfunden werden, wird die Zukunft genommen. Auf einmal hören sie auf, Kinder zu sein – manche mit zehn, manche mit zwölf Jahren. Dann probieren sie Drogen, dann kommt der Alkohol, dann kommt die Zigarette, und sie haben zu hassen begonnen. Aus ihrer Verzweiflung machen sie sich dann Mut – Mut, um anderen weh zu tun, so wie man ihnen weh getan hat.

Natürlich tun sie sich dabei selbst am meisten weh. Aber sie haben keine Zukunft mehr. Sie wollen das haben, was sie nicht bekommen haben, und dann nehmen sie es sich. Sie lehren die anderen das Fürchten, so wie sie sich als Kinder gefürchtet haben: vor dem Alleinsein, vor den Schlägen, vor der Mißachtung.

Herr Bundesminister! Es werden immer mehr. Diese Kinder schlagen zurück, aber es muß uns klar sein: Sie haben nicht angefangen! Herr Bundesminister! Ich ersuche Sie dringend, Ihre ganz besondere Aufmerksamkeit den Kindern und den Jugendlichen zu widmen! Sie sind das Kostbarste der Gesellschaft! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Herr Minister hat sich jetzt noch einmal zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

12.39

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da ich zuletzt in dieser Debatte von Ihnen, Frau Abgeordnete Aumayr, als "Jugendminister" angesprochen wurde: Lassen Sie mich Ihnen klar versichern, daß die von Ihnen geäußerten Ziele erstens die meinen sind und zweitens sicherlich auch diejenigen aller Fraktionen des Hohen Hauses!

Gerade weil ich Familienpolitik primär aus der Sicht des Wohles des Kindes sehe – all das ist gute Familienpolitik, was letztlich unseren Kindern nützt –, meine ich, daß zumindest diese Zielvorstellungen hier für gut befunden werden und auf einer breiten Basis stehen. Das soll aber nicht heißen, daß wir all das, was Sie erwähnt haben – Jugendliche geraten in die Gefahr von Drogen, von Sekten, von Kriminalität, und auch Nikotin- und Alkoholabusus sind ja nichts anderes als Drogenmißbrauch –, in Österreich nicht haben und auch in Zukunft nicht haben werden. Aber wir wollen es zumindest bekämpfen, und wir wollen die Raten so niedrig wie möglich halten. Im übrigen meine ich, daß wir uns damit im internationalen Vergleich recht gut sehen lassen können.

Etwas pragmatischer fällt meine Antwort Ihnen gegenüber aus, Herr Abgeordneter Graf. Sie sind, glaube ich, auch Jugendsprecher der freiheitlichen Fraktion. Ich kenne mich mit dem Bundesjugendring recht gut aus, das können Sie mir glauben. Ich weiß sogar so viel, um Ihnen sagen zu können, daß auch der Ring Freiheitlicher Jugend Förderungsmittel des Bundes bekommt. Es stimmt allerdings, daß dies nicht innerhalb des Bundesjugendplans geschieht. Es ist


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