Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / 154

Ich möchte auf die FPÖ gar nicht eingehen, denn die FPÖ ist in diesen Fragen nicht nur von einer blindwütigen Absicht gekennzeichnet, alle Bosnier tunlichst so schnell wie möglich wieder aus Österreich zu vertreiben (Abg. Dr. Graf: Das ist doch überhaupt nicht wahr!), sondern die Stellungnahmen der Freiheitlichen im Ausschuß und auch heute sind in erster Linie von einer tiefen Unkenntnis und einem tiefen Desinteresse gegenüber der Situation in Bosnien-Herzegowina geprägt. Daß niemand von denen jemals dort war - außer vielleicht, wenn man damals Waffen dort hinunter geschmuggelt hat, und so weiter und so fort, nicht aber jetzt -, das scheint ohnehin klar zu sein. (Abg. Dr. Graf: Das ist auch nicht wahr!)

Aber der Herr Bundesminister ist zumindest einmal - vielleicht auch öfter - in Bosnien gewesen, daher möchte ich meinen, daß er weiß, wovon er redet. (Abg. Dr. Graf: Das ist alles nicht wahr!) Darum müßte er auch wissen, wie eine tatsächliche - jetzt untechnisch gesprochen - komplette Regelung aussehen könnte. Das zum ersten Punkt.

Zum zweiten Punkt: Zwar hat Herr Dr. Maitz soeben angedeutet, daß es Verhandlungen, Überlegungen oder vielleicht auch schon endgültige Entscheidungen über die Finanzierung des Aufenthalts von besonders schwer geprüften Menschen wie traumatisierten Flüchtlingen aus Bosien geht, aber es interessiert mich sehr, wie es tatsächlich ist, Herr Bundesminister! Denn ich habe die Sorge, daß der Bund den Ball den Ländern zuschiebt und die Länder den Gemeinden. Letztlich ist dann niemand zuständig, sodaß jeder - auf gut österreichisch gesprochen - sagt: Geht's zur Caritas!

Das ist aber nicht allein eine Frage eines humanitären Aktes und Verhaltens von kirchlichen Organisationen, sondern ich erblicke darin eine Verpflichtung der Republik, daß sie sich, wenn sie eine gesetzliche Basis schafft, auch darüber Gedanken macht, wie die Finanzierung erfolgen wird. Man muß offen aussprechen, daß das etwas kostet. Es kostet etwas, alte Menschen, die aus ihren Dörfern oder Städten vertrieben wurden und heute keine Möglichkeit zum Zurückkehren haben, in Österreich zu versorgen. Denn wären sie aktiv, gesund und jung genug, dann wären sie keine Versorgungsfälle.

Es besteht kein Unterschied zwischen alten, kranken Bosniern und alten, kranken Österreichern. Sehr viele von den alten, kranken Bosniern haben allerdings keine Angehörigen, sie haben kein soziales Umfeld, auf das sie sich stützen könnten, sondern sind wirklich in einer Lage, wie wenn man eine Tanne in einem Urwald aussetzt. Das ist ungefähr das Gefühl, das ich immer habe, wenn ich die Schicksale dieser Menschen hier in Österreich mitverfolge. Deshalb stelle ich meine konkrete Frage nach dem Stand dieser Verhandlungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt weitere Punkte, die auch offengeblieben sind und über die ich mir ebenfalls Sorgen mache, auch wenn es da nicht so dramatisch wie bei den Alten ist, die im Gesetz sozusagen überhaupt nicht erfaßt sind. Es geht auch um Studierende, die heute ihren aufenthaltsrechtlichen Status in Österreich aufgrund ihres Studiums haben. Sie werden das Studium - einige von ihnen voraussichtlich schon bald - abschließen, und was ist dann? - Wir wissen, daß das Bleiberecht für Studierende im österreichischen Aufenthaltsrecht ein auf die Dauer des Studiums beschränktes ist. Aber was ist mit Flüchtlingen aus Bosnien, die aufenthaltsrechtlich zu Studenten mutiert sind und nicht mehr dorthin zurückkönnen, woher sie gekommen sind, weil sie in dem jeweiligen Teil Bosniens einer Minderheit angehören?

Es ist jetzt nicht meine erste Forderung, zu sagen, daß sie ebenfalls gesetzlich abgesichert werden müssen. Aber es wäre mir wesentlich, zumindest zu hören, welche Absicht der Herr Bundesminister im Hinblick darauf hat, wie seine ihm untergeordneten Stellen und Beamten sich dann zu verhalten gedenken und ob es ein Aufenthaltsrecht für diese kleine Gruppe - es sind wahrscheinlich nur wenige Fälle - geben wird. Das sind die Fragen dazu.

Wir - die Grünen und die Liberalen - sind mit unserer Kritik an dem Gesetz und unseren Forderungen nach Abänderung nicht allein. Auch die Caritas - eine wohl von jedem Linksverdacht freie Organisation - hat in einem Schreiben an alle Klubobleute - wie ich annehme, weil auch unsere Klubobfrau eines bekommen hat - formuliert, worin die Kritikpunkte liegen. Nicht nur die


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