Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 133. Sitzung / Seite 57

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Die Crux und der Knackpunkt ist nämlich, daß wir ein gut Teil der Probleme und einen Großteil der Gewinne haben. Aber es ist nicht möglich, eine Diskussion darüber zu führen, weil Sie – und da spreche ich Sie durchaus an – offensichtlich den Parlamentarismus nicht so ernst nehmen, daß wir, sei es jetzt im Außenpolitischen Ausschuß oder im Hauptausschuß oder in welchem auch immer, wirklich einmal in Ruhe darüber diskutieren können, und weil Sie vor allem nach außen ständig ein Bild der Uneinigkeit liefern.

Hinzu kommt – und das finde ich schon einigermaßen bemerkenswert –, daß wir eine Einrichtung haben in diesem Parlament, die eigentlich dazu gedacht ist, daß sich die Abgeordneten sehr wohl damit befassen können, was auf der Ebene der Europäischen Union vor sich geht, ihre Meinungen abgeben können, eine Einrichtung, die zu einem Ritual "entleert" wurde, nämlich den Hauptausschuß, eine Einrichtung, die ihresgleichen sucht und die Sie – auch die Regierungsparteien in diesem Hause – in keiner Weise ernst nehmen. Hier wird ein Ritual abgewickelt, weil es sein muß, weil man das irgendwann einmal beschlossen hat, ohne jeglichen Sinn und Inhalt.

Gehen wir weiter in dieser Frage der Unsicherheit, die Sie ausstrahlen. Der nächste Schwerpunkt in Ihrem Außenpolitischen Bericht: die europäische Sicherheitsarchitektur. Wir kennen die Diskussion ja seit langem. Wir kennen die unterschiedlichen Meinungen Ihrer Minister dazu, die vielleicht ein bißchen auch den Widerstreit zwischen ÖVP und SPÖ widerspiegeln. Aber ich hätte mir doch gedacht, daß es möglich sein müßte, angesichts einer Ratspräsidentschaft – wenn es auch mühsam wäre, aber doch – ein einheitliches Bild zu präsentieren. In den Ausführungen des Klubobmanns fand sich heute jedoch genau das wieder, was uns die ganze Zeit begleitet hat, nämlich eine Vielfalt von Möglichkeiten der Interpretation.

Sie, Herr Klubobmann, als Verfassungsjurist (Abg. Dr. Khol: Und Völkerrechtler!) kreieren da neue Begriffe von "klassischer Neutralität" und "differenzierter Neutralität" und vergessen offensichtlich, daß im Gesetz von der immerwährenden Neutralität die Rede ist. (Abg. Dr. Khol: Frau Kammerlander! Das ist ein Begriff aus dem Neutralitätsrecht! Die Schweiz hatte eine differenzierte Neutralität!) Das ist ein Unterschied zu dem, was Sie sagen. Wir können darüber diskutieren, daß sich die Anforderungen in Europa geändert haben, wir können auch darüber diskutieren, wie die Sicherheitsarchitektur ausschauen soll, aber bleiben wir am Boden des Gesetzes! Sie, der Sie immer den Verfassungsbogen predigen, aber offensichtlich Wasser trinken und nicht das, was Sie predigen ... (Heiterkeit und Zwischenrufe.) Wein trinkt, ist ja egal. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Khol. ) Es ist egal, wie das Sprichwort lautet.

Aber offensichtlich bleiben Sie nicht innerhalb des "Verfassungsbogens", den Sie predigen, denn sonst würden Sie von diesem ausgehend diskutieren. (Abg. Dr. Khol: Frau Kammerlander, ich bleibe ernst!)

Was ist denn seither geschehen? – Es gab eine Verfassungsänderung, es gibt nun einen Artikel 23f. Wir haben de facto bereits jetzt sozusagen eine Mitwirkung auch in kriegsvorbereitenden Fällen. – Ich nenne das so. (Abg. Schieder schüttelt den Kopf.) Ich nenne das so! Ja, schütteln Sie nur den Kopf. Das ist Ihnen unangenehm, Herr Kollege Schieder, weil Sie mitgemacht haben. (Abg. Schieder: Nein, ich schüttle ihn nicht, weil es mir unangenehm ist, sondern es ist falsch!) Es ist nicht falsch. Man kann es so interpretieren. (Abg. Schieder: Nein! Man kann es schon so interpretieren, aber es ist falsch!)

Sie bringen heute einen Antrag ein zum Kosovo – nur als Beispiel. Sie bringen, wie ich sehe, mit der ÖVP und den Liberalen einen Antrag zum Kosovo ein. Ich wundere mich, weil da als eine der Forderungen zur kurzfristigen Beendigung der Krise steht: Abschluß der Vorbereitungen zu friedenssichernden und humanitären Maßnahmen und Bereitschaft zu friedenschaffenden Maßnahmen der europäischen oder internationalen Staatengemeinschaft. (Abg. Hans Helmut Moser: Alle Optionen sind offen, Frau Kammerlander!) Ich vermisse die Konkretisierung, über die wir im Ausschuß gesprochen haben, die Konkretisierung, von der sogar die Staatssekretärin ausgegangen ist. Die Staatssekretärin hat im Ausschuß gesagt: Ohne Sicherheitsratsbeschluß der UNO werden wir nicht eingreifen und werden wir uns nicht beteiligen, das ist die österreichische Position.


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