Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 134. Sitzung / Seite 97

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ruck gebracht hat, fällt mir nur folgendes ein: Die Einstellung der ÖVP in bezug auf Staatsbürgerschaftsangelegenheiten ist ähnlich alt wie die Zitate, die er gebracht hat. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kiss: Eine Platitüde in Plattheit jagt die andere!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Entschieden lehne ich das Wort "Reform" in bezug auf die vorliegende Novelle des Staatsbürgerschaftsgesetzes ab, denn das Wort "Reform" birgt schon in sich, daß es sich um einen Fortschritt handelt, jedenfalls um einen Schritt nach vorne. Diese Novelle könnte man höchstens – und das wäre, glaube ich, präzise – mit den Worten "Veränderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes" sozusagen neutral beschreiben. Es wäre neutral, wenn man es "Veränderung" nennen würde. Würde man sich die Mühe machen – und ich mache sie mir –, diese Novelle, die jetzt zur Beschlußfassung vorliegt, korrekt zu bezeichnen, dann müßte man sie summa summarum als eine Verschlechterung der Bedingungen beim Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft bezeichnen. Das ist das Ergebnis, das nach jahrelanger Diskussion über eine Reform des Staatsbürgerschaftswesens in Österreich herausgekommen ist.

Geschätzter Herr Minister! Das werfe ich Ihnen am meisten vor, obwohl Sie nicht alleine dafür verantwortlich sind, denn Dr. Einem als Ihr Vorgänger und selbst Dr. Löschnak haben diese Linie schon vertreten. Es wurde jahrelang von der Reform des Staatsbürgerschaftswesens gesprochen und eine Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes versprochen, womit suggeriert wurde – das Wort "suggeriert" möchte ich als neutralen Ausdruck verstanden wissen –, daß die Reform ein Schritt in Richtung Europäisierung des österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetzes sein wird, was ja die allgemeine Diskussion der letzten Jahre auch erwarten ließ, nämlich daß eine Reform gemacht wird, die diesen Namen auch verdient.

Wir sind – und da kann man diskutieren, soviel man will – mit den gesetzlichen Bedingungen beim Zugang zur Staatsbürgerschaft, mit diesem Gesetz, das jetzt noch nicht beschlossen ist und bei welchem es noch einen Funken Hoffnung gibt, daß es noch Änderungen geben wird, also mit dem bestehenden Gesetz und mit dem neuen Gesetz Schlußlicht im europäischen Bereich, denn man kann nur Gleiches mit Gleichem vergleichen, und in diesem Fall können wir uns – und das hat, glaube ich, Kollege Kier schon gesagt – nur mit jenen Ländern, die eine ähnliche Struktur wie wir bei der Zuwanderung und damit auch im Staatsbürgerschaftswesen und bei den Staatbürgerschaftsverleihungen haben, sinnvollerweise vergleichen.

Sie haben – und zwar über die Jahre; über die Jahre kann man bei Ihnen nicht sagen, weil Sie ja erst eineinhalb Jahre Minister sind – in der Öffentlichkeit immer Erleichterungen angekündigt, doch das, was jetzt herausgekommen ist, sind schlicht und einfach Verschärfungen. Sie haben immer wieder angekündigt, daß es eine Vereinheitlichung der Fristen geben wird. Was ist dabei herausgekommen? – Während es im derzeit noch gültigen Staatsbürgerschaftsrecht vier Fristen gibt, wird es in Zukunft sechs Fristen geben. Es müßte ja noch nichts Schlechtes oder Negatives bedeuten, daß es eine Vielzahl von Fristen gibt, aber jene Fristen, die neu hinzugekommen sind, sind nicht etwa Korrekturen der überlangen Fristen beim Zugang zum Staatsbürgerschaftsrecht, sondern sind, wenn man es so nennen will, Zwischenfristen, die nichts am Wesen des gegenwärtigen Gesetzes ändern: 30 Jahre warten auf den Anspruch, Österreicher zu werden, und 30 Jahre – ja selbstverständlich! – Wohlverhalten. (Abg. Murauer: Eh klar!)

Zehn Jahre muß man seinen Hauptwohnsitz in Österreich haben, um überhaupt den Zugang zur Staatsbürgerschaft in Anspruch nehmen zu können. Damit ist noch überhaupt kein Recht verbunden, die Staatsbürgerschaft auch tatsächlich zu bekommen. Zehn lange Jahre! – Das ist die zweite Frist.

Die dritte Frist – alles, was ich zitiere, ist gültiges Recht und wird auch weiterhin Recht bleiben, denn da ändert sich nichts –: Es gibt immer noch, denn das Gesetz gilt ja noch, die Möglichkeit, unter besonders berücksichtigungswürdigen Umständen, das heißt, im absoluten Sonderfall, die Staatsbürgerschaft bereits nach vier Jahren verliehen zu bekommen. Diese Möglichkeit bleibt weiterhin bestehen – allerdings wird der Kreis jener, die diese Möglichkeit nützen können, durch das neue Gesetz radikal eingeschränkt.


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