Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 136. Sitzung / 26

"Europafit durch Flexibilisierung - Arbeit für mehr Menschen"

Zu Wort gemeldet ist Frau Dr. Schmidt. - Bitte sehr.

9.41

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Die Liberalen haben die heutige Aktuelle Stunde zum Thema "Europafit durch Flexibilisierung - Arbeit für mehr Menschen" beantragt, weil wir glauben, daß die Aktualität dieses Themas aus mehreren Gründen gegeben ist: einerseits aufgrund der innerösterreichischen Situation, aufgrund der mangelnden Fortschritte in Richtung Flexibilisierung, in Richtung Reformierung verschiedenster Arbeitszeit- und vergleichbarer Gesetze, andererseits aber vor allem auch deshalb, weil Österreich derzeit die Präsidentschaft im EU-Rat innehat. Wir meinen, daß diese Präsidentschaft ein Ausmaß an Chance einerseits, aber auch an Risiko andererseits in sich birgt, sodaß hier in diesem Hohen Haus eine Abwägung erfolgen sollte.

Ich weiß nicht, wer von Ihnen den Bericht in CNN über die Übernahme der Präsidentschaft durch Österreich gesehen hat. Es war dies ein Bericht, der das alte Klischee Österreichs in einer Form fortgeschrieben und festgeschrieben hat, wie es uns und, wie ich hoffe, manchen von Ihnen auch nicht angenehm sein kann. Es geht jetzt nicht darum, daß man gewichtet, wie wichtig unsere traditionellen Kulturereignisse sind, ich meine aber, daß es bedauerlich ist, wenn nur eine Seite Österreichs gezeigt wird und man so tut, als wären wir irgendwann einmal - liebenswert, soll sein - irgendwo steckengeblieben.

Das ist eine formale Seite, wenn Sie so wollen, aber es besteht das Risiko, daß dieses Steckengebliebensein, diese Art des Zudeckens, diese Art der Behübschung weiterhin unsere Visitenkarte bleibt, wenn so vorgegangen wird, wie das die österreichische Koalitionsregierung jetzt bei den ersten beiden informellen Ministertreffen schon getan hat. Sie brauchen sich nur die Programmgestaltung anzuschauen. Frau Ministerin, ich muß das auch über die Programmgestaltung der Sozial- und FrauenministerInnen sagen.

Aber noch ärger ist die Programmgestaltung der Umweltminister. Ich habe mir die reine Arbeitszeit ausgerechnet: Von den zweieinhalb Tagen der Zusammenkunft, die jetzt in Graz stattfindet, sind fünfeinhalb Stunden Arbeitszeit. Nun bin ich weit davon entfernt, nicht auch andere Dinge wie Öffentlichkeitsarbeit als Arbeit zu bewerten, aber wenn Sie sich anschauen, wieviel Zeit aufgewendet wird, um Sachprobleme zu diskutieren, und wieviel Zeit der Herr Umweltminister aufwendet, um sich selbst zu inszenieren und um die "Arbeit" - unter Anführungszeichen - dieser Bundesregierung zu inszenieren, so erkennen Sie eine Verzerrung, die unerträglich ist und die zu einem Image Österreichs beiträgt, das sich eben von der Behübschung, von der Ablenkung nicht weiterentwickelt hat.

Das heißt: Ablenkungsmanöver, zudecken, schöne Worte, schönen Rahmen schaffen. Das ist das, was übrigbleiben wird, und deshalb meine ich, daß wir jetzt und nicht im nachhinein, wenn wir es dann beklagen werden, darüber reden sollten, wie diese Chance anders genützt werden könnte. Auf diese Weise wird ja ein solcher Arbeitsstil auch offenkundiger, als er es bislang war, denn bisher haben nur wir davon gewußt, aber jetzt werden es dann alle wissen, nämlich durch den Transport über die Medien, ob es nun Printmedien oder elektronische Medien sind.

Ich denke, daß das aber auch eine Chance wäre, die wir für unser Image nach außen wie nach innen ergreifen müßten; nach außen, weil die Reputation, die wir jetzt erwerben, auch unseren Stellenwert und daher unser Gewicht in der Europäischen Union maßgeblich bestimmt, und nach innen, weil wir die richtigen Weichen stellen müssen. Reputation können wir nur erwerben, wenn wir klare Positionen beziehen, aber nicht nur in Form von Bekenntnissen, Frau Minister, denn die Bekenntnisse stehen uns allen bis hier heroben.

Wir haben erst kürzlich erlebt, wie es ist, wenn man sich mit Bekenntnissen begnügen möchte, wie zum Beispiel beim Artikel 7 - Sie wissen, wovon ich rede -, wo in dieser Koalitionsregierung nichts anderes drinnen war als ein laues Bekenntnis zur Gleichbehandlung. Bitte, wer bekennt sich nicht zur Gleichbehandlung? Der Widerstand dagegen, sie als Aufgabenstellung zu definieren, zeigt, daß man sich ganz bewußt auch für die Zukunft auf das Lippenbekenntnis zurück


Vorherige SeiteNächste Seite
Seite 1