Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 138. Sitzung / 81

Herr Bundesminister! Jetzt zu meinem vielleicht wichtigsten Punkt. Alle haben davon gesprochen, was die Angehörigen der Opfer benötigen, was die Bevölkerung von Lassing jetzt braucht. Ich glaube auch, daß sie Hilfe braucht, daß sie aber auch einen Abschluß braucht, eine Möglichkeit, ihre Angehörigen zumindest beizusetzen.

Herr Bundesminister! Ich werfe Ihnen hier vom Rednerpult aus in aller Form noch einmal vor: Die Bergungsarbeiten werden bewußt verschleppt. Es gibt dort nach wie vor ein Vertuschungsinteresse. Herr Bundesminister! Seit Mitte August stehen die Pumpen. Das ist technisch nicht notwendig, nicht angesagt gewesen. Jede Minute läuft Wasser in diese Grube, und mit jeder Stunde wird es tatsächlich schwieriger, die verunglückten Bergleute zu bergen. Und man hört schon, daß in der Behörde ein starkes Interesse daran besteht, daß Gras über die Angelegenheit wächst und daß man diese Grube schließen und zum Friedhof erklären kann.

Herr Bundesminister! Wieso ist jetzt wieder die Firma Naintsch, von der man weiß, daß sie ein Vertuschungsinteresse hat, mit diesen Bergungsarbeiten betraut?

Wieso ist wieder jener Geologe, der im Auftrag des Unternehmens schon mit dem Unglück von 1977 beschäftigt war, vom Unternehmen bestellt worden? Wieso ist er jetzt federführend mit der Evaluierung dieser Bergungsarbeiten befaßt? Glauben Sie nicht, daß das bei dieser Firma Geo-Consult eine Unvereinbarkeit ist? Sehen Sie angesichts dieser Fülle an Unvereinbarkeiten kein Problem, Herr Bundesminister?

Und ein Allerletztes, Herr Bundesminister. Ich weiß, daß Ihnen, daß Ihrer Behörde Informationen vorliegen, und so bitter das ist – ich habe versucht, das der Bundesregierung auch auf anderem Wege mitzuteilen; es ist mir nicht gelungen –, ich habe keine andere Möglichkeit, als Ihnen das in der Öffentlichkeit mitzuteilen: Sie wissen, Herr Bundesminister, daß sich sehr, sehr wahrscheinlich nur drei verunglückte Bergleute in diesem Förderkorb befinden und daß sieben Bergleute andere Aufträge hatten und in anderen Bereichen des Bergwerks möglicherweise dieses zweite große Unglück noch lange oder zumindest einige Zeit überlebt haben.

Herr Bundesminister, das wissen Sie! Ich weiß, daß Ihre Behörde das weiß, und ich weiß auch, daß die Mauer des Schweigens bald brechen wird.

Herr Bundesminister! Ich würde Ihnen, ich würde den beiden Koalitionsparteien wirklich vorschlagen: Machen Sie noch einmal Beratungen! Geben Sie den Weg frei für eine echte Untersuchung! Lassen Sie nicht zu, daß mit der Rückendeckung eines sehr mächtigen Konzerns, der in aller Welt schon vieles auf dem Gewissen hat, weiterhin versucht wird, die Aufklärung zu verhindern! Stellen Sie sich stattdessen hinter jene, die immer schon an der Aufklärung mitgewirkt haben!

Und da hier alle Dank gesagt haben, so kommt selbstverständlich auch von mir Dank an jene, die spontan, uneigennützig und ehrenamtlich sofort geholfen haben. Viele haben in dieser ersten Stunde eine größere Katastrophe verhindert. Sie kennen die Namen, und ich glaube, Sie sollten sich bei diesen Menschen wirklich bedanken.

Mein ganz besonderer Dank aber – das möchte ich hier schon sagen, weil es mir ein persönliches Anliegen ist – gilt Frau Matlschweiger und Frau Zeiser, denn hätten mich ihre Ausführungen in der ersten Phase nach dem Unglück persönlich nicht so absolut überzeugt von der Stichhaltigheit ihrer Argumente, dann hätte ich sicherlich auch nicht die Kraft aufgebracht, all diesen Mitteilungen in dieser Form nachzugehen. Deshalb – vielleicht auch im Interesse dieser mutigen Frauen von Lassing –, Herr Bundesminister: Überdenken Sie noch einmal Ihre Haltung! Nehmen Sie ein letztes Mal Ihre politische Verantwortung wahr und machen Sie den Weg für eine Untersuchung frei! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

12.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt abermals Herr Bundesminister Dr. Farnleitner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


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