Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 18

"Standard" verfaßt. Es wurde exakt Ihre Heuchelei beschrieben, die Sie in dieser Frage ... (Abg. Wabl: Sag "Scheinheiligkeit"!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter, bitte! So geht es nicht!

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (fortsetzend): Sie gehen mit Ihrer Scheinheiligkeit hierher, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, und unterstellen den Oppositionsparteien, sie würden Privilegien in dieser Frage besitzen – obwohl es nach wie vor und auch in Zukunft das Privileg aller Parteien ist, bei einer Wahl zum Nationalrat die eigene Fraktion, die eigene Partei über Abgeordnetenmandate zu nominieren. Da haben Sie es nicht abgeschafft. Selbstverständlich belassen Sie es bei diesem Privileg, das ist auch Ihnen angenehm.

Aber dort, wo es darum geht, nach außen hin scheinbar sichtbar zu machen, daß Sie aus dem Privileg der Minderheiten Konsequenzen ziehen, die sich erdreisten, bei Bundespräsidentenwahlen anzutreten, dort, wo es darum geht, den Einfluß von Parteien, der dadurch sichtbar wird, daß Parteien auch Kandidaten nominieren können, durch den Einfluß eventuell von anonymen Gruppierungen zu ersetzen, dort, wo es darum geht, zu verdecken, daß natürlich große Apparate in Ihren Parteien wesentlich einfacher die Möglichkeit haben, mit Personenstimmen zu dieser Kandidatur zu kommen, dort gebärden Sie sich als die großen Demokratieretter.

Erklären Sie diesem Hohen Haus, warum es in Zukunft für die Einleitung eines Volksbegehrens 8 000 Stimmen braucht, warum es für eine Präsidentenkandidatur 6 000 Stimmen braucht, und warum für die Kandidatur einer Partei nach wie vor Abgeordnetenmandate möglich sind. Erklären Sie die Differenzen; diese sind nicht durch ein Konzept auflösbar, meine Damen und Herren, mit dem Sie vorgeben, Demokratie und Minderheitenrechte zu schützen.

Es geht Ihnen einzig und allein darum, die Rechte und die Möglichkeiten, die Parteien tatsächlich haben, in einer politischen Auseinandersetzung zu beschneiden, den offenen Einfluß von Parteien, den es durchaus gibt und der legitim ist, zu beschneiden und durch die Möglichkeiten zu ersetzen, die sich hinter großen Organisationen, wie es zweifellos Ihre Parteien sind, verbergen.

Wenn Sie glauben, das ist demokratischer, daß bei der nächsten Bundespräsidentenwahl nur mehr Herr Klestil oder ein Nachfolger von ihm kandidiert – er wird nicht mehr kandidieren können –, dann sagen Sie es ganz offen! Dann sagen Sie ganz offen, daß Sie das wollen, aber dann diskutieren wir nicht über Privilegien von Minderheitenparteien, von Minderheiten, die es tatsächlich nicht nur in dieser Frage, sondern, wie wir gestern gesehen haben, auch im Hohen Haus sehr schwer haben, ihre Rechte, ihre berechtigten Rechte durchzusetzen.

Da gäbe es genügend Beispiele, mit denen man Ihnen demonstrieren könnte, wie schwer es trotz Ihrer Großzügigkeit, trotz der Großzügigkeit des Herrn Khol, die er anscheinend gegenüber Minderheiten auszuüben bereit ist, Minderheiten haben, bestimmte Rechte durchzusetzen; ich erinnere nur an den Untersuchungsausschuß. Aber bleiben wir beim Thema.

Deshalb meinen wir: Wenn Sie schon eine Privilegiendebatte führen wollen, führen wir die Privilegiendebatte, aber trennen wir sie bitte von der Demokratiedebatte. Wenn Sie eine Demokratiedebatte führen wollen, sind wir gern dabei, aber bitte gemeinsam mit den Oppositionsparteien. Und nehmen Sie sich Zeit dafür, gehen Sie auf die Argumente ein und versuchen Sie vor allem, Ihre Positionen gegenüber Minderheiten, gegenüber Fraktionen in diesem Haus zu überdenken und zu klären. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

9.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. Restliche Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

9.30

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Jeder weiß von den Liberalen und insbesondere von mir, daß ich Spielregeln ernst nehme und daß ich daher auch eine Geschäftsordnungsdebatte – glaube ich – noch nie für eine inhaltliche Debatte mißbraucht


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