Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 43

Aber ich möchte mich auch nicht verschweigen und zu der sehr sensiblen Diskussion über die Grenzen der Kunst Stellung nehmen. Diese Grenzen haben ja einen Großteil der österreichischen Bevölkerung sehr tief bewegt, und zwar aus Anlaß der Mysterienspiele, die der Herr Nitsch in Prinzendorf veranstaltet hat.

Meine Damen und Herren! Ich gehöre sicher nicht zu jenen, die den Herrn Nitsch per saldo oder überhaupt als Künstler ablehnen und seine künstlerische Betätigung abstreiten. (Abg. Smolle: Was heißt "per saldo"?!) Herr Nitsch hat sicher seinen Stellenwert im Aktionismus, das sei einmal betont. Ich habe einen sehr differenzierten Zugang dazu. Aber es kann nicht angehen, und dafür habe ich kein Verständnis, daß im Sinne der angeblich grenzenlosen Freiheit der Kultur der Tierschutz mißbraucht wird, daß etwa Rinder rituell abgeschlachtet werden, weil sich die Kunst einen Freibrief anmaßt. So kann es nicht gehen, meine sehr geehrte Damen und Herren! (Abg. Smolle: Was heißt "per saldo"? Was heißt denn das?!)

Ich sage Ihnen ganz offen – bei aller teilweise wirklichen Wertschätzung des Oeuvres des Herrn Nitsch –, daß ich sehr betroffen bin, wenn in einem Falter-Interview Herr Nitsch etwa davon spricht, daß auch Verbrechen Kunst sein kann. Dazu möchte ich Ihre Stellungnahme hören, Herr Kollege Cap. Was sagen Sie dazu? Die Kunst kann auch ein Verbrechen sein, sagt Nitsch. Und letztlich führt er weiter aus, daß theoretisch auch Mord Kunst sein kann. Ich warne davor ... (Abg. Smolle: Was heißt "per saldo"?!)

Sehr geehrter Herr Kollege Smolle! Sie haben offensichtlich intellektuell wenig gemeinsam mit jenem Herrn Smolle, der kürzlich in der "Presse" einen sehr interessanten Artikel geschrieben hat. Er schrieb, das sei ja gerade das Marketing-Instrument. Ist das Ihr Sohn oder Ihr Bruder? Ich weiß es nicht. (Abg. Smolle: Die Tante!) – Ach so. Der Herr Dozent Smolle ist die Tante des Herrn Smolle. Sie haben ja eine reichlich komische Stellung da herinnen, nicht nur was Ihre ständigen Wechsel zwischen den Parteien anlangt. Was sind Sie denn eigentlich? (Beifall bei den Freiheitlichen.) Was ist denn das für ein Sektor, wo Sie sitzen? Ist das der liberale oder der grüne Sektor? Ich weiß nicht, wo Sie momentan sind, aber sehr beliebt sind Sie jedenfalls nicht. (Lebhafte Zwischenrufe beim Liberalen Forum.)

Aber der Herr Dozent Smolle spricht natürlich mit Recht davon, daß das ja die Methodik ist, wie man heute in der Kunst Marketing betreibt: indem man bewußt einen Skandal provoziert, indem man bewußt Tabus bricht und sich dann öffentlich über das Ergebnis der Provokation erregt. (Abg. Smolle: Per saldo!)

Wer etwa die Interviews mit Nitsch während der Mysterienspiele gehört oder gesehen hat, weiß, wie er listig gesagt hat: Na ja, das alles dient ja dazu, meinen Marktwert zu steigern! – Er hat sich bewußt darauf eingelassen. Er hat natürlich bewußt provoziert, um in Österreich einen Sturm der Entrüstung zu erregen und seinen Bekanntheitsgrad zu steigern. Aber wer heute provoziert, der darf sich dann nicht wundern, daß seine Art der Kunst, des Kunstschaffens selbst einer Würdigung unterzogen wird.

Ich bin da durchaus bei Herrn Rudolf Burger, beim Rektor der Universität für angewandte Kunst, der sagt: Die Kunst ist frei, aber der Künstler ist ein Staatsbürger und hat als solcher die gleichen Rechte und Pflichten wie jeder andere in einer liberalen Demokratie. Läßt er sich auf dieses politische Spiel ein, so muß er es spielen nach dessen Regeln.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kunst ist für mich frei. Sie ist Bestandteil der Grundrechte, aber im Wesen eines Gesamtgefüges von Grundrechten. Und die Kunst darf sich nicht auf Kosten anderer Grundrechte eigene Grundrechte anmaßen und diese anderen Grundrechte aushöhlen zugunsten der Kunst. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme abschließend noch auf die Position der Österreichischen Volkspartei, auf die doppelzüngige Stellung der Österreichischen Volkspartei zu sprechen. Es wurde Ihnen ja gestern schon vorgeführt, Herr Kollege Khol, daß gerade die von Ihrer Fraktion besetzten Ministerien sich etwa um eine Förderung des Herrn Otto Mühl sehr verdient gemacht haben. Nicht nur, daß der Herr Otto Mühl im Museum für angewandte Kunst seine Häfenbilder, die während der Verbüßung seiner Haftstrafe fabrizierten Bilder, ausstellen


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