Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 85

Ich habe es schon eingangs erwähnt: Es wird eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, die die Einbringung von Volksbegehren erleichtern, und daher glaube ich, auch wenn nicht alle Wünsche erfüllt werden, daß es sich um sinnvolle Maßnahmen handelt, die wir hier setzen.

Im Zusammenhang mit der Bundespräsidentenwahl, denke ich, gilt Ähnliches. Es hat sich bei den Debatten über die Einbringung von Wahlvorschlägen für die Bundespräsidentschaftswahl im heurigen Frühjahr gezeigt, daß die Tatsache, daß Abgeordnetenunterschriften 1 500 andere Unterschriften ersetzen können, auf Unverständnis und auch auf den Unwillen von vielen Menschen stößt, die diese unterschiedliche Gewichtung nicht verstehen. Eigentlich sollte es einer Kandidatin oder einem Kandidaten, die beziehungsweise der sich der Wahl stellen will und die eigene Kandidatur auch ernst nimmt, möglich sein, 6 000 Unterschriften zu bekommen. Daher glaube ich, daß dies eine vernünftige Regelung ist und die Streichung der bisherigen Bestimmung gerechtfertigt ist.

Abschließend möchte ich noch feststellen, daß die Debatte über die Weiterentwicklung der Demokratie, über das Verhältnis der direkten Demokratie zur repräsentativen Demokratie, über die Rolle des Parlaments, über die Rolle des einzelnen Parlamentariers, all diese Fragen natürlich weiterdiskutiert werden müssen – im übrigen auch im Zusammenhang mit einer Reform der Geschäftsordnung, die hier angestrebt werden muß. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Das, was wir heute beschließen werden, ist nur eine Etappe, aber es sind einige wichtige Fragen, die hier behandelt worden sind, und man sollte jetzt nicht so tun, als ob das alles unbedeutend und unwichtig wäre. (Beifall bei der SPÖ.)

14.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der eingebrachte Antrag entspricht den Bestimmungen der Geschäftsordnung und steht daher mit in Verhandlung.

Das gleiche gilt für den vorhin von Herrn Abgeordneten Stadler eingebrachten Entschließungsantrag betreffend Umsetzung erfolgreicher Volksbegehren.

Zu Wort gemeldet ist als nächste Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. – Bitte.

14.01

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! (Präsident Dr. Brauneder befindet sich noch am Präsidium.) Nein: Herren Präsidenten! Herr Staatssekretär! Geschätzte wenige Kolleginnen und Kollegen, die Sie noch da sind. Es ist bemerkenswert, daß das von Herrn Klubobmann Khol so hochstilisierte, wesentliche Gesetzespaket, das hier beraten und beschlossen werden soll, auf eine solche Aufmerksamkeit seiner eigenen Fraktion stößt. Das ist deswegen so bemerkenswert, weil er derjenige ist, von dem ich höre – aber vielleicht haben sich die Sitten inzwischen geändert –, daß er sonst immer sehr viel Wert auf Anwesenheit legt, und gerade bei einer so wesentlichen Materie hätte es doch so sein können. (Abg. Dr. Graf: Ich bin nicht oft Ihrer Meinung, aber Sie haben recht!)

Ich bin aber nicht verwundert darüber, denn daß das alles eine wirklich vordergründige Alibiaktion ist, um sich nicht vorwerfen lassen zu müssen – wie er es auch selber gesagt hat –, daß die Koalition gleich am Anfang kein Gesetz zusammengebracht hat, liegt auf der Hand. Daß man aber diese Vorlagen mit dem Begriff eines Demokratiepaketes bemäntelt, ist schon bedenklich; denn das ist eine Aushöhlung dieses Begriffes, eine Verwässerung, wobei man sich nicht wundern darf, daß der Begriff der Demokratie an sich einen anderen Stellenwert bekommt, wenn er hier für derartige Aktiönchen mißbraucht wird.

Was wir gewollt hätten, wäre gewesen, eine echte Demokratiereform durchzuführen. Wir waren der Meinung, daß auch die Regierungsparteien, vor allem die Abgeordneten der Regierungsparteien, dazu bereit sind. Wir hätten uns mit Sicherheit nicht in allen Punkten verständigt, aber es liegt in der Natur der Sache, daß man letztlich zu Mehrheitsentscheidungen kommt. Wichtig wäre es gewesen, Argumente auszutauschen, einen Katalog aufzustellen, wo wir der Auffassung sind, daß es den berühmten – um die politische Sprache zu verwenden – Handlungsbedarf


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