Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 92

hat, was war denn das?! Aber das ist die Scheinheiligkeit der ÖVP! Ich komme ohnehin noch darauf zurück. – Abg. Dr. Khol: 1,4 Millionen Unterschriften! Das größte Volksbegehren aller Zeiten!)

Herr Kollege Graf! Ich habe Ihnen schon gesagt, es ist wirklich eine Befriedigung gewesen, daß die Volksbegehren, die Sie initiiert haben, so wenig erfolgreich waren. Es wundert mich auch nicht, daß Sie sich ob der Kosten, die Sie damit verursacht haben, gar nicht genieren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Kalauer! Den Holler, den Sie da verzapfen, können Sie dem ... erzählen!)

Daß dieses Demokratiepaket, das wir heute beschließen, natürlich nur ein Mosaikstein in der gesamtdemokratiepolitischen Diskussion ist, ist hier auch schon von Kollegin Hlavac erwähnt worden. Wir werden selbstverständlich auch in Zukunft über andere demokratische Einrichtungen diskutieren. Wir werden vor allem überlegen müssen, warum die Wahlbeteiligung weiter im Sinken begriffen ist. (Abg. Haigermoser: Weil es Abgeordnete gibt wie Sie! Die würde ich auch nicht wählen!)

Wir werden ganz generell über die Wahlordnung zu diskutieren haben, wir werden über das Wahlalter debattieren, wir werden über die Selbstkontrolle bei der Abstimmungs- und Gesetzesmaschinerie sprechen und wir werden natürlich auch über das Anforderungsprofil der politischen Repräsentanten diskutieren müssen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Posch: Intelligenztest!)

14.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag Dr. Kostelka, Dr. Khol, der von Frau Abgeordneter Dr. Frieser hier vorgetragen wurde, ist ausreichend unterstützt. Er bezieht sich auf die Novelle zum Bundespräsidentenwahlgesetz und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

14.29

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Wahlordnungen und die dafür vorliegenden Änderungen lassen in einigen Punkten zumindest einen Ansatz dafür erkennen, daß Sie auch behinderte Menschen als Wähler ansehen. Bei der Bestimmung, die jetzt aufgenommen wurde, wonach nach Möglichkeit und Maßgabe der baulichen Gegebenheiten in jeder Gemeinde zumindest ein Wahllokal barrierefrei sein soll, haben Sie von den Koalitionsparteien wenigstens – das möchte ich ausdrücklich erwähnen – einen Gedanken an solche Wählerinnen und Wähler verloren, die mobilitätsbehindert sind.

Meine Damen und Herren! Es ist aber ganz einfach zu wenig, wenn es in einer Gemeinde oder in einem Bezirk nur ein Wahllokal geben soll, das barrierefrei ist – und das nur nach Maßgabe der Möglichkeiten. Haben Sie wirklich vergessen, daß wir am 9. Juli 1997 eine Verfassungsbestimmung beschlossen haben, die die Gleichstellung behinderter Menschen vorsieht? – Aufgrund dieser Verfassungsbestimmung müßte es doch bitte möglich sein, festzuschreiben, daß alle Eintragungsorte barrierefrei zugänglich sein müssen! Es müssen auch entsprechende, geeignete Leitsysteme für blinde und schwer sehbehinderte Menschen zur Verfügung stehen.

Sie können natürlich sagen: Ein Wahllokal pro Gemeinde ist besser als gar nichts; da gebe ich Ihnen recht. Aber ein Wahllokal pro Gemeinde ist eindeutig zu wenig, wenn Sie bedenken, wie viele Wahlsprengel es in einer Gemeinde oder in einer Stadt gibt. Sie können doch nicht verlangen, daß jemand, der mobilitätsbehindert ist, vier oder fünf Kilometer durch die halbe Stadt reisen muß – noch dazu an einem Wahlsonntag, an dem kaum Busse verkehren –, um dort die Möglichkeit der Stimmabgabe wahrnehmen zu können. Das ist eindeutig zu wenig! Ich habe deshalb auch drei Abänderungsanträge vorbereitet, mit der Forderung, daß alle Wahllokale barrierefrei erreichbar sein müssen. Diese Abänderungsanträge beziehen sich auf die Nationalrats-Wahlordnung, auf die Europawahlordnung und auf das Volksbegehrengesetz.


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