Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 141. Sitzung / 46

Dabei sehe ich ab von der Frage, daß eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Entschließungsantrag – nämlich mit Punkt 5, in dem es um den Umgang mit der Tschechischen Republik geht – nicht wirklich stattgefunden hat, denn es ist völlig unrealistisch, in Cowboymanier Dinge zu verlangen, von denen jeder einigermaßen mit der Außenpolitik Befaßte eindeutig weiß, daß sie völlig unmöglich sind. Ich nehme daher Abstand davon, mich damit auseinanderzusetzen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich denke, man muß in der Tat sagen, daß in letzter Zeit sehr viel geschehen ist, auch innerhalb und für den europäischen Raum. Die Anti-Atomkraftwerkpolitik der österreichischen Regierung hat innerhalb Europas maßgeblichen Einfluß im Hinblick auf die gesamte Stellung zur Atomkraft ausgeübt, Einfluß darauf, die Situation in Frage zu stellen, und letztlich auch auf die Gestaltung innerhalb der Programme. Ich darf darauf verweisen, daß im 5. Rahmenprogramm der EU eindeutige Erfolge dadurch erzielt werden konnten, daß die Mittel, die für Atomkraftwerke, für die Forschung zur Verfügung gestellt wurden, reduziert wurden und daß innerhalb dieses Budgets auch noch insofern umstrukturiert worden ist, als es nunmehr darum geht, die Mittel für die Sicherheit in größerem Ausmaß zu fördern als den Ausbau von Atomkraftwerken insgesamt.

Der Rest dieser finanziellen Mittel, die eingeschränkt worden sind, steht nunmehr zur Verfügung, um erneuerbare Energieformen zu erforschen und auszubauen. Allein schon dadurch wird meiner Ansicht nach erkennbar, daß hier – auch das ist ein Erfolg der österreichischen Regierung – eine ganz maßgebliche Änderung, eine Qualitätsänderung innerhalb Europas erreicht werden konnte. Das kann man natürlich ignorieren, oder aber man kann es selbstbewußt aussprechen. Ich denke, wir sollten das zweite tun.

Einer der Kernpunkte einer glaubwürdigen Argumentation innerhalb Europas ist selbstverständlich auch die Vorgangsweise, die man im eigenen Bereich wählt. Da gibt es etwas, was wir heute zu diskutieren haben und, so hoffe ich, auch beschließen werden – dies zeigt sich schon daran, daß wir im Ausschuß einstimmig dafür votiert haben. Es gibt nun das neue Haftungsrecht, das innerstaatliche Haftungsrecht. Wir haben uns durch den Entwurf, der heute zur Diskussion steht, bewußt von der internationalen Entwicklung abgekoppelt. Wir haben uns insofern abgekoppelt, als wir auch hier richtungsweisende neue Regelungen schaffen wollten.

Ich darf es meiner Partei zurechnen, daß wir unter der Federführung des Klubobmanns Kostelka und der Beiziehung einer Universitätsprofessorin aus Graz einen Entwurf ausgearbeitet haben, der völlig neue Wege geht – neue Wege, die vielfach belächelt worden sind, die sich jetzt aber schön langsam als richtig herausstellen, insbesondere dann, wenn man in der internationalen Diskussion Forderungen aufstellt, die man mit der eigenen Glaubwürdigkeit zu unterlegen hat.

Die zentrale Bestimmung des neuen Atomhaftungsrechts ist die uneingeschränkte, strikte Gefährdungshaftung. Dies bedeutet, es gibt im Haftungsrecht für Anlagen nach oben kein Haftungslimit mehr, wie es das bis jetzt gegeben hat und wie es auch in den internationalen Haftungsübereinkommen vorgesehen ist, und es gibt eine strikte Gefährdungshaftung, das heißt, es gibt eine Haftung auch im Falle höherer Gewalt. Die Rechtfertigung dafür ist die, daß derjenige, der eine derartige Gefährdungsquelle aufbaut oder verursacht, letztlich auch für alle jene Konsequenzen einzutreten hat, die durch diese Gefährdungsquelle entstehen können. Das ist letztlich natürlich auch im Falle höherer Gewalt ein Schaden innerhalb der Anlage, der in der Folge Schäden in der Umwelt verursacht.

Ein weiterer maßgeblicher Schritt besteht darin, daß es zukünftig auch möglich sein wird, bei Schäden, die von einem Atomkraftwerk außerhalb Österreichs ausgehen, die aber in Österreich wirksam werden, in Österreich an dem Ort, an dem der Schaden tatsächlich entstanden ist, auch auf Schadenersatz zu klagen, und zwar nach dem Recht des Ortes, an dem der Schaden entstanden ist, sohin in Österreich nach österreichischem Recht. Selbstverständlich ist die Diskussion so gelaufen, daß man gesagt hat: Was kann man mit einem derartigen Urteil wirklich anfangen? Was kann man mit einem Urteil, in dem ein Schadenersatzanspruch normiert ist, zum Beispiel in der Slowakei anfangen, wenn dieses Urteil dort möglicherweise nicht durchsetzbar ist?


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite