Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 141. Sitzung / 76

Herr Dr. Luschin ist ein sehr engagierter Vertreter in der EBRD. Dennoch ist es notwendig, Frau Ministerin, sich auch in den nächsten Monaten ganz gezielt anzuschauen, wer da dahintersteckt. Das sind vor allem deutsche und französische Atomenergiekonzerne, die von der Politik zweifellos nicht mehr jenes "Backing" haben, das sie noch vor wenigen Jahren hatten. In Frankreich gibt es eine Regierung der linken, progressiven Hälfte mit grüner Beteiligung, das wird es auch bald in Deutschland geben. Das sind ganz klare Signale dafür, daß man auf europäischer Ebene zweifellos eine Änderung hervorrufen kann.

Frau Ministerin! Am 13. Oktober wird in Brüssel über das nächste vierjährige Forschungsprogramm entschieden, und zwar über den Bereich der Energie- und Nuklearforschung. Derzeit laufen 50 Prozent in den Bereich Nuklearforschung. Auch das ist ein ganz konkreter Punkt, bei dem man ansetzen muß, um die Töpfe endlich anders zu finanzieren.

Ich hoffe, daß Sie, wenn Sie in Prag mit Ihrem Amtskollegen über Temelin diskutieren, nicht denselben Satz sagen werden, den unser Bundeskanzler in Österreich in den Medien verlautbart hat. In diesen war nämlich zu lesen, daß Bundeskanzler Klima Temelin zur Kenntnis nehmen würde. Es war den Medien auch mehr oder weniger zu entnehmen, daß es vorrangig darum gehe, westliche Sicherheitsstandards zu erreichen.

Das ist die falsche Strategie. Wir haben bei Mochovce gesehen, daß sie zu geringem Erfolg führt. Das Signal muß ganz klar sein, daß in Temelin nicht nur ein Baustopp stattfindet, sondern daß wir auch dazu bereit sind, Alternativen mitzufinanzieren. Von einem Junktim mit einer möglichen EU-Mitgliedschaft von Tschechien halte ich überhaupt nichts.

Ich gebe allerdings Frau Abgeordneter Haller – sie ist nicht mehr im Saal – recht. Sie hat vorhin gemeint, man müsse sich nicht nur mit osteuropäischen Ländern auseinandersetzen, sondern auch mit anderen Ländern, zum Beispiel Deutschland; das ist richtig. Gerade aus diesem Grunde, weil auch in Deutschland nach wie vor Atomkraftwerke projektiert sind, wäre es falsch, sich nur auf Osteuropa zu konzentrieren, und es wäre in diesem Zusammenhang völlig falsch, das mit einer EU-Mitgliedschaft zu junktimieren.

Was man aber tun muß, ist – ich komme abschließend auf das Atomhaftungsgesetz zu sprechen –, die rechtliche Voraussetzung von den Beitrittswerbern einzumahnen. Ich halte dieses Atomhaftungsgesetz, so wie wir es heute beschließen werden, für einen großen Fortschritt, vor allem dann, wenn man sich die derzeit international geltenden Konventionen ansieht. Egal, ob es sich um die Pariser oder die Wiener Konvention aus dem Jahre 1960 beziehungsweise aus dem Jahre 1963 handelt, sie sind völlig inakzeptabel und tragen ganz klar die Handschrift der IAEO, die sie damals auch entworfen hat.

Daß Österreich nach unserem Gesetz ein Gerichtsstandort wird, und daß bei einem grenzüberschreitenden Unfall in Österreich der in Österreich entstandene Schaden eingeklagt werden kann, ist ein Fortschritt. Es wird nicht genügen, daß nur Österreich das erreicht hat, aber es ist ein gutes Signal für die Beitrittsländer. Es ist in dem Entschließungsantrag, der heute von vier Parteien beschlossen wird, auch erwähnt, daß das Abkommen von Lugano entsprechend umgesetzt werden muß. Man kann für die Beitrittskandidaten schon auch junktimieren, daß, wenn die Tschechische Republik oder die Slowenische Republik der EU beitreten wollen, es eine Bedingung ist, dieses Abkommen zu übernehmen und zu ratifizieren. Bei möglichen Gefahren ist dann ein ganz klarer Schadenersatz einzuklagen.

Ich bin überzeugt davon, daß das Haftungsrecht Präventivwirkung haben kann und wird. Das hat man in den USA gesehen. Da ist man nicht aus ökologischen Gründen aus der Atomkraft ausgestiegen, sondern aus beinharten ökonomischen Gründen. Wenn man endlich aufhört, die Atomkraft zu subventionieren, so wie es teilweise noch im großen Stil in Europa funktioniert, wenn endlich die wahren Kosten der Atomkraft miteingerechnet werden, und zwar sowohl im Bereich der Schadenersatzregelungen mit Rückstellungen als auch im konkreten Strompreis, dann rechnet sich die Atomkraft schlicht und einfach nicht mehr, dann wird es weltweit einen Ausstieg geben.


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