Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 141. Sitzung / 107

Herbergstaates sind, auch nicht Fragen bilateraler Natur, sondern eben allgemeine Rechte, über die auch allgemein befunden werden darf.

Herr Bundesminister! Das wäre eine Antwort, die mir aber von Ihnen fehlt. Ich habe von Ihnen einen Brief erhalten. Ich möchte jetzt hier nicht das Briefgeheimnis verletzen, sondern nur sagen: Herr Bundesminister, ich war über den Inhalt enttäuscht. Die Antwort war nicht: Ja, lieber Freund, wir werden im Rahmen der EU versuchen, klare Volksgruppen- und Menschenrechtsnormen zu setzen. Das wäre eine klare Antwort gewesen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir sollten nicht eine Dringliche Anfrage der Freiheitlichen dazu brauchen, denn es hätte seitens der Regierung diese Materie – nämlich der Entwurf einer EU-Volksgruppenrechtsnorm – schon längst auf den Tisch kommen müssen. Dies erwarten wir von Ihnen, auch wenn Sie, Herr Bundesminister, hier heute nicht als Ratspräsident sitzen. Nehmen Sie das aber als österreichischer Außenminister mit: Wir brauchen ein klares und eindeutiges europäisches Volksgruppenrecht! Wie die Menschenrechtskonvention für die Menschenrechte im einzelnen, so brauchen wir auch für Volksgruppen, für nationale Entitäten und Identitäten ein gutes europäisches Menschen- und Volksgruppenrecht. Das wäre die Aufgabe.

Ich glaube, daß es darüber einen Konsens gibt – auch mit den Freiheitlichen –, daß das so richtig ist, ganz gleich, wie man zur EU steht.

In diesem Sinne nehmen Sie bitte die Vorschläge, die wir Ihnen unterbreitet haben, auf! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

16.20

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Verehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich sehe es nicht so wie Herr Kollege Smolle. Man kann durchaus unterschiedlicher Auffassung darüber sein, ob das Thema, das die Freiheitliche Partei heute auf die Tagesordnung gesetzt hat, ein dringliches ist oder nicht. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Richtig!) Im Lichte der Tatsache, daß das Acquis-screening läuft und die Verhandlungen jetzt begonnen werden, ist es durchaus dringlich. Dahin gehend kann ich mich auch Herrn Kollegen Harald Ofner anschließen.

Angesichts der Fragestellungen allerdings frage ich mich folgendes: Warum hat die Freiheitliche Partei, um auch geschäftsordnungsgemäß sinnvoll zu handeln, eigentlich nicht einen Dringlichen Antrag eingebracht. Dieser wäre von der Geschäftsordnung her eher angebracht gewesen (Abg. Aumayr: Ist gemacht worden!), denn die 14 Fragen stellen ja insgesamt eigentlich eine Frage – oder maximal zwei – dar, wenn man sie auf Tschechien oder Slowenien bezieht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frage, sich mit dem Schicksal von Österreicherinnen und Österreichern zu beschäftigen, die nach 1945 aus Tschechien vertrieben worden sind, oder die Frage, sich mit dem Schicksal von Menschen zu beschäftigen, die neben ihrer slowenischen Heimatsprache auch noch die deutsche Sprache sprechen und heute in Slowenien leben, sind durchaus legitim. Ich meine, daß sich auch der Nationalrat ernsthaft damit auseinandersetzen sollte. Diese Fragen sind meiner Meinung nach deshalb bemerkenswert, weil ich sie in einem sehr pragmatischen Zusammenhang sehe.

Es kommt nicht von ungefähr, daß der neue Regierungschef Tschechiens, Zeman, seine erste Auslandsreise, nachdem er Regierungschef geworden ist, nach Österreich unternommen hat und hier – ich nehme an – auch mit Ihnen, Herr Vizekanzler, damals zusammengetroffen ist, denn Tschechien ist nicht bloß an der Tatsache, daß wir zurzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehaben, sondern weit darüber hinaus an den nachbarschaftlichen Beziehungen und an den vielen Gemeinsamkeiten, die bestehen, sehr ernsthaft interessiert. Und ich meine, daß dieser Akt das auch sehr unterstreicht.


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