Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 38

sondern das ist Gold, das 1938 aus den Beständen der Oesterreichischen Nationalbank geraubt wurde. 1946 wurden im Washingtoner Abkommen zehn Länder bestimmt, die das Raubgold der Nazis anspruchsberechtigt zurückerhalten können. Wir haben eine erste Tranche unseres Goldes sehr schnell nach dem Zweiten Weltkrieg bekommen, und jetzt eine weitere Tranche, die Endabrechnung sozusagen, und es ist Gold im Werte von 102 Millionen Schilling an die Oesterreichische Nationalbank gegangen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wir haben, einer Initiative aus Großbritannien und den USA folgend, dieses Gold einem internationalen Fonds zur Verfügung gestellt, der den Opfern der Shoa den Erlös dieses Goldes zukommen lassen soll. Wir waren die ersten, die das gemacht haben. Der internationale Fonds ist begründet. Er wird dieses Gold wiederum unserem Nationalfonds zur Verfügung stellen, und wir werden diese Mittel über die Mittel hinaus, die wir aus dem Bundesbudget für die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in Österreich vorgesehen haben, an besonders Bedürftige und an Härtefälle verteilen.

Das ist ein sehr gutes Gesetz, und ich bedanke mich bei allen, die daran mitgewirkt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Der zweite Fall ist die Initiative, die Frau Ministerin Gehrer, unterstützt von Minister Edlinger, ergriffen hat. Auch diesbezüglich muß man sagen, daß man da gegen manche Instinkte gehandelt hat, denn es hat sich bei vielen Österreicherinnen und Österreichern ein gewisses Unbehagen entwickelt, als zwei Bilder der Sammlung Richard des großen Malers Egon Schiele aus Tulln in den Vereinigten Staaten ausgestellt worden waren und dann von Opfern des Nationalsozialismus in Anspruch genommen wurden. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Viele in der Bevölkerung hätten aus dem Instinkt heraus reagiert und gesagt: Die Bilder sind rechtmäßig erworben, es handelt sich hier nicht um unrechtmäßige Dinge, man haut hier auf die Pauke! Wir haben nicht dementsprechend gehandelt, und es war Frau Minister Gehrer, die mit Klugheit, Vorsicht und Gelassenheit reagiert hat, die, vertrauend auf die amerikanische Justiz, richtig reagiert hat. Die Bilder werden sicherlich nach Österreich zurückkommen, weil wir Vertrauen in die Justiz in Amerika haben und darauf vertrauen, daß die Dinge geklärt werden. Auf diese Weise wurden Emotionen nicht angesprochen, und ich möchte mich bei Liesl Gehrer für ihr Vorgehen in dieser Angelegenheit bedanken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie hat aber weiter reagiert und hat in allen Museen die Provenienzforschung angeordnet. Es sind im wesentlichen zwei Kategorien von Kunstobjekten aufgetaucht: zum ersten herrenloses Gut, das heißt, von den Nationalsozialisten zusammengeraubt, zusammengestohlen, irgendwo gelagert, man weiß nicht, wem es gehört.

Die zweite Kategorie sind jene Kunstobjekte, die man zwar den Eigentümern, beispielsweise der Baronin Rothschild, zurückgegeben hat, aber als sie sie ausführen wollte, hat man gesagt: Von den 600 Objekten können Sie 550 ausführen, aber 50 schenken Sie der Republik. – Das war damals gesetzmäßig und ist bis vor kurzem auch noch gesetzmäßig gewesen. Ich erinnere zum Beispiel daran, daß der amerikanische Botschafter Lauder ein wertvolles Bild von Schiele ausführen durfte. Als Gegenleistung hat er das Wiener "Krauthappl", also die Kuppel der Secession, vergolden lassen. Bei dieser Kunstschenkung hat man gesagt: Das ist die Gegenleistung, dafür darfst du einen österreichischen Schiele ausführen. – Das war bis vor wenigen Jahren Rechtens, ist aber inzwischen geändert worden. Im übrigen kannten alle Länder derartige Gesetze.

Natürlich sind diese Dinge – und das zeigen die Akten – nicht freiwillig erfolgt, sondern das war eine gesetzliche Zwangslage. Es war das damals zwar gesetzmäßig, aber wir empfinden das heute in diesen Fällen nicht mehr als rechtmäßig, und daher werden diese Kunstobjekte zurückgegeben – nach einem Gutachten einer Kommission, die mit Experten und unabhängigen Wissenschaftern bestückt ist, unter der Ministerverantwortlichkeit und durch Beschluß der Bundesregierung. Ich hoffe, daß wir dieses Gut – unrecht Gut gedeihet nicht! – so schnell wie möglich an die rechtmäßigen Besitzer zurückgeben können.


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