Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 54

gen. Wie ich sehe, wird das Gesetz von allen Fraktionen unterstützt. Ich meine, dieses Gesetz ist ein sehr wichtiger Schritt am Ende dieses geschichtlich belasteten Jahrhunderts.

Wie ist es nun zu diesem Gesetz gekommen? – In den neunziger Jahren gab es bereits eine Aufarbeitung des Archivmaterials zum Thema "Raub und Restitution von Kunst- und Kulturgegenständen". Ein konkreter Anlaßfall war dann die Zurückbehaltung der Schiele-Bilder aus der "Sammlung Leopold" im Jänner 1998. Ich habe dann im Jänner 1998 verfügt, daß alle Archive der Bundesmuseen und Sammlungen und des Bundesdenkmalamtes für eine systematische Aufarbeitung zu öffnen sind. Ich habe bereits im Jänner die Direktoren all dieser Einrichtungen zu mir eingeladen und mit ihnen die Vorgangsweise besprochen.

Ich bin aber sehr dankbar für die öffentliche Berichterstattung, die dann erfolgt ist, und für alle Fachartikel, die in weiterer Folge geschrieben wurden, denn sie haben sehr viel zu einer positiven Meinungsbildung für dieses Gesetz beigetragen.

Im März 1998 habe ich die Kommission eingesetzt, die die Provenienzenforschung an allen Bundesmuseen und Sammlungen koordiniert, und den Vorsitzenden Professor Ernst Bacher beauftragt, die gesamte Archivalienarbeit, die gesamte Aufarbeitung zu koordinieren. Gleichzeitig wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die die Erarbeitung dieses Gesetzes in Angriff genommen hat. Ich möchte auch erwähnen, daß der Bundesverfassungsdienst in dieser Arbeitsgruppe sehr konkret und sehr positiv mitgearbeitet hat, daß dort natürlich auch die Fragen der Verfassung diskutiert wurden und uns auch von dieser Seite bestätigt wurde, daß unser Gesetz verfassungskonform ist.

Die wichtigen Eckpunkte dieses Gesetzes sind: Es gibt drei Kategorien. Die erste Kategorie sind Kunstgegenstände, die während des Krieges geraubt, nach dem Krieg restituiert, aufgrund des Ausfuhrverbotsgesetzes aber zurückbehalten wurden.

Die zweite Kategorie sind Kunstgegenstände, die zwar rechtmäßig in das Eigentum des Bundes gelangt sind, jedoch zuvor Gegenstand eines Rechtsgeschäftes gemäß dem Nichtigkeitsgesetz waren.

Die dritte Kategorie sind Kunst- und Kulturgegenstände, die trotz der Durchführung von Rückstellungsverfahren nicht zurückgegeben werden konnten und als herrenloses Gut in das Eigentum des Bundes übergegangen sind.

Das heißt also: Wenn Ansprüche oder vermeintliche Ansprüche vorhanden sind, die nicht unter diese drei Kategorien fallen, dann müssen sie auf dem ganz normalen Rechtsweg eingeklagt und auch abgehandelt werden.

Das Gesetz hat weiters den Eckpunkt, daß ein Beirat – bestehend aus Vertretern der Bundesministerien für Justiz, Wirtschaft, Unterricht und kulturelle Angelegenheiten und Landesverteidigung, aus einem Vertreter der Finanzprokuratur und aus einem Experten auf dem Gebiet der Geschichte sowie der Kunstgeschichte – die Aufarbeitung überprüft und dann Empfehlungen für die Rückgabe ausarbeitet.

Die Experten auf dem Gebiet der Geschichte sowie der Kunstgeschichte werden von der Rektorenkonferenz benannt. Ich werde dem Parlament auch jährlich einen Bericht über die Vollziehung dieses Gesetzes übermitteln.

Die Rückgaben sind auch von allen Beschränkungen des Ausfuhrverbotsgesetzes und von allen Abgaben befreit. Ich halte es für besonders wichtig, einmal klar festzuhalten: Wir haben diese Gegenstände unentgeltlich und ohne Bewertung erhalten, wir werden sie unentgeltlich und ohne Bewertung zurückgeben.

Wenn dieses Gesetz heute im Parlament beschlossen ist, werde ich sofort alle Institutionen schriftlich auffordern, Vertreter für den Beirat zu nominieren. Es ist mir ein ganz besonderes Anliegen, daß dieser Beirat bereits in den nächsten Wochen zu arbeiten beginnt und daß wir noch


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