Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 102

Das ist eine Personalisierung dieser Gremien. Sie werden keinerlei öffentlicher Kontrolle unterliegen, sei es durch den Gemeinderat, sei es durch den Nationalrat oder sonst irgendwelche gewählte Gremien. Das meine ich mit Feudalisierung einer Bank. Es wird mit diesem Gesetz einer Personengruppe eine Macht übertragen, die sie auf immer beibehalten wird. Durch das Selbstergänzungsrecht dieser Gremien bleibt das auch so erhalten.

Zu entscheiden, ob im Fall der AVZ überhaupt eine Privatstiftung errichtet wird, obliegt nicht dem Gemeinderat – das gilt für alle Gemeindesparkassen –, sondern dazu bedarf es eines Beschlusses des Vorstandes der AVZ, bekanntlich teilweise identisch mit dem Vorstand der Bank Austria, plus einer Zustimmung des Sparkassenrates der AVZ, wo wiederum die Betriebsräte ein Vetorecht haben. Eine Zustimmung des Gemeinderates, also jener Körperschaft, die immerhin für die Verbindlichkeiten dieser Sparkasse haftet, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Das obliegt einzig und allein den Gremien in den jetzigen Anteilsverwaltungen der Sparkassen, im Falle der Bank Austria der AVZ – und das, obwohl es da um große Beträge geht.

Ich weiß nicht, wie hoch Herr Kollege Trattner den Marktwert der AVZ-Anteile an der Bank Austria im Moment einschätzen würde. Das hängt natürlich auch vom Börsenkurs ab. Aber eine Größenordnung von 20 bis 30 Milliarden Schilling ist, meine ich, durchaus realistisch.

Dritter Punkt: Nicht allein, daß sich die Gremien im Anschluß an die Gründung der Privatstiftung selbst perpetuieren, und nicht allein, daß die Entscheidung, ob überhaupt eine Privatstiftung gemacht wird, eine rein private ist – paßt zum Namen "Privatstiftung" –, obliegt auch die Zweckbestimmung – eine Stiftung muß ja einen Zweck haben, die Erträge aus dem Stiftungsvermögen müssen bestimmten Zwecken zugeführt werden – einzig und allein den Gremien der Privatstiftung, obwohl es sich indirekt um Vermögen der Gemeinden handelt. Welche Zwecke das sein werden, wissen wir heute nicht. Das wissen auch Sie nicht, die Sie heute das Gesetz beschließen werden. Es ist im Gesetz nur von mildtätigen, kirchlichen, gemeinnützigen Zwecken die Rede, aber was das im Detail sein wird, ist eine Frage der sogenannten Stiftungserklärung und der späteren Politik der Privatstiftung.

Mit anderen Worten: Wer dann wirklich die Begünstigten sein werden, weiß man nicht. Es geht da immerhin um Beträge von 500 Millionen Schilling oder einer Milliarde Schilling pro Jahr, die als Erträgnisse aus dieser sogenannten Privatstiftung erzielt werden. Dazu muß ich sagen: Das kann doch nicht der Sinn der seinerzeitigen Gesetze über Privatstiftungen gewesen sein!

Daß die Haftungen bestehenbleiben, darauf hat Kollege Peter von den Liberalen schon hingewiesen, daß die Wettbewerbsverzerrung bestehenbleibt, ist nur ein Detail am Rande, und was das sogenannte Aufgriffsrecht des Zentralinstituts betrifft, Herr Kollege Stummvoll, bezweifle ich erstens, daß das EU-kompatibel ist, denn das ist ein schwerer Eingriff in die Eigentumsrechte der bisherigen Sparkassen, und zweitens – das ist auch nur ein Detail am Rande, aber es ist typisch dafür, wie hier gearbeitet wird – hätte nach dem Gesetz, wenn ich es nicht völlig falsch verstehe, die Erste ein Aufgriffsrecht bezüglich der Bank-Austria-Anteile, wenn die AVZ, die spätere Privatstiftung, später verkaufen will. – Nach dem Gesetz.

Der vorgestrigen Ausgabe des "Kurier" entnehme ich allerdings, daß es einen privatrechtlichen Vertrag zwischen Bank Austria und Erste gibt, daß das in dieser Form nicht vonstatten gehen wird. Jetzt frage ich mich: Wer ist stärker, i oder i?

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Kollege Van der Bellen! Es ist 15.01 Uhr. Wollen Sie weiter fortsetzen? (Abg. Dr. Van der Bellen: Später!) – Gut, Sie setzen dann weiter fort. Ihre Ausführungen sind hiermit unterbrochen. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum für den das Rednerpult verlassenden Abg. Dr. Van der Bellen.)


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite