Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 149. Sitzung / 153

Sie wissen, daß nach § 57a GOG kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf – mit Ausnahme des Begründers. Der Erstredner oder die Erstrednerin hat zur Begründung eine Redezeit von maximal 10 Minuten.

Frau Abgeordnete Dr. Schmidt wird als Antragstellerin des Verlangens die Debatte eröffnen. – Bitte.

17.59

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute eine Debatte über eine schriftliche Beantwortung einer Anfrage der Liberalen beantragt, weil wir enttäuscht waren – das ist der wohlwollende Ausdruck, Frau Ministerin –, daß aus Ihrer Beantwortung nicht hervorgeht, daß Sie einerseits spüren, in welcher Situation die Menschen sind, die von diesen Maßnahmen, über die ich gleich reden werde, betroffen sind, und daß Sie andererseits aber offenbar noch immer davon ausgehen, daß Datenschutz in Österreich funktioniert. Wir haben noch Zeit, etwas zu verhindern, das vor der Türe steht. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ich darf ein bißchen dahin zurückblenden, als die Liberalen diese Frage aufgegriffen haben: Wir haben Ende Juli in Erfahrung gebracht, daß das AMS Testinstitute sucht; Testinstitute, um die fachliche, gesundheitliche, aber auch psychische Qualifikation von Menschen zu testen, die arbeitslos sind und daher zum AMS kommen, um Arbeit zu bekommen und von ihm vermittelt zu werden.

Bei diesen Ausschreibungsunterlagen sind uns verschiedene Dinge aufgefallen, die uns erschreckt haben. Bei den abzutestenden Aspekten werden zum einen gesundheitliche Voraussetzungen erwähnt. Da ist zum Beispiel folgendes anzugeben: Feststellung gesundheitlicher Einschränkungen, Schädigungen am Bewegungs- und Stützapparat, Allergien, psychiatrisch diagnostizierte Erkrankungen, Suchterkrankungen und ähnliches mehr, wobei man weiß, daß das Arbeitsrecht glücklicherweise insofern einen Schutz der Privat- und Intimsphäre vorsieht, als dem Arbeitgeber die Konkretheit bestimmter Krankheiten nicht anzugeben ist.

Da wird etwas abgefragt, und dann wird großartig dazugeschrieben: Die Ausführungen zu diesem Punkt werden nur der Vollständigkeit halber erwähnt und dienen ausschließlich zu Ihrer Information. – Ich sagte schon vorher, was davon zu halten ist. Welche "Sicherheit" da gegeben ist, ist ja bekannt.

Das alleine war es aber noch nicht, obwohl das schon schlimm genug wäre. Dann kommen noch die zu erfassenden Eigenschaften wie allgemeine Intelligenz, Lernfähigkeit, Gedächtnis, formal-logisches Denken, Fähigkeit zum Strukturieren, Verläßlichkeit, Streßresistenz, Verträglichkeit und ähnliches mehr. Darunter steht zu lesen: Sämtliche erhobene Daten gehen in den Besitz des AMS Wien über.

Das, Frau Ministerin, hat uns dazu veranlaßt, einmal in der Öffentlichkeit Alarm zu schlagen, weil hier von Menschen in einer bestimmten Situation, nämlich in einer Streßsituation, Daten angefertigt werden, die sie in ein Eck stellen, aus dem sie nie wieder herauskommen. Man muß sich einmal die psychische Lage jemandes vorstellen, der noch dazu langzeitarbeitslos ist, sich Tests unterziehen zu müssen. Aus diesem Augenblickszustand heraus werden Daten festgehalten, diese werden noch dazu beim AMS gespeichert, und davon wird abhängig gemacht, wie künftig mit diesem Menschen umzugehen ist und ob er noch für einen bestimmten Arbeitsplatz geeignet ist. Das ist die Betonierung einer schlechten Ausgangslage eines Menschen und nicht das Geben einer Chance.

Nachdem wir in die Medien gegangen sind, haben sich bei uns eine Menge Leute gemeldet. Das hat uns bestätigt. Es hat sich zum Beispiel ein arbeitsloser Akademiker gemeldet, der erzählt hat, daß er eine Therapie gemacht hat und daß seine Beraterin dann gesagt hat, er solle ein neurologisches Gutachten beibringen, denn ansonsten werde man sich bei der Weitergewährung der Notstandshilfe etwas überlegen müssen.


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