Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 150. Sitzung / 77

Herr Staatssekretär! Eines konnte Ihr Minister im Ausschuß nicht erklären, vielleicht können Sie es heute, nämlich warum wir Menschen, die nur befristete Mietverträge bekommen, in der Mietvertragsgebühr diskriminieren. Sie wissen, eine Befristung auf fünf Jahre bedeutet Mietvertragsgebühr aus drei Jahresmieten, verlängert dann der Mieter noch einmal auf fünf Jahre befristet, so zahlt er neuerlich Mietvertragsgebühr aus drei Jahresmieten. Wollen Sie wirklich jene Mieter, die ihre Wohnung nur befristet bekommen, in der Mietvertragsgebühr auch noch diskriminieren? Ich weiß nicht, was die Sozialdemokraten dazu sagen, ob ihnen das gefällt.

Darüber hinaus konnte der Herr Bundesminister uns auch die Frage nicht beantworten, was denn an einem Mietvertrag zu besteuern wäre – daß er Geld braucht, verstehe ich schon. Aber wenn Steuern auch eine gesellschaftspolitische Komponente haben, wie der verehrte Herr Bundesminister uns immer wieder wissen läßt, auch eine lenkungspolitische, auch eine sozialpolitische Komponente, dann kann doch bitte ein Mietvertrag kein zu besteuerndes Objekt sein! Wir sind damit ganz in der Nähe des Bereichs der Kapitalverkehrssteuern. Alle hier im Hohen Haus sagen: Wir wollen, daß die Unternehmungen mehr Eigenkapital haben! Wenn aber ein Unternehmer mehr Eigenkapital einbringt, bestrafen wir ihn mit einer 2prozentigen Kapitalverkehrssteuer.

Herr Staatssekretär! Das alles und vieles mehr hätten wir uns von einem Gesamtkonzept einer Steuerreformkommission erwartet. – Es hat leider nicht stattgefunden.

Prinzipiell möchte ich noch zur Frage Stellung nehmen, wie die Bundesregierung und die Koalitionsabgeordneten, die der Bundesregierung ihre Stimme leihen, mit der Verfassung umgehen. Es ist doch eigentlich eine tiefe Blamage für Sie, daß Sie etwas beschlossen haben – mit allen Ressourcen dieser Republik –, das offensichtlich verfassungswidrig ist. Der Herr Bundesminister hat uns zugesagt, wir würden die Stellungnahme des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt bekommen, der ja vor jedem Gesetz eine Stellungnahme abgibt. Nur leider höre ich heute von meiner Mitarbeiterin, daß es dem Finanzministerium nicht möglich war, innerhalb von einer Woche diese Unterlage für uns Parlamentarier auszuheben. (Abg. Böhacker: Ich habe sie auch nicht bekommen!) Offensichtlich hat das Hohe Haus gegen besseres Wissen – ich muß das jetzt behaupten, weil ich die Unterlage nicht zur Verfügung gestellt bekommen habe – etwas beschlossen, was nicht mit der Verfassung dieser Republik übereinstimmt! Ja wie weit wollen Sie denn noch gehen? (Abg. Smolle: Hört, hört! – Abg. Dr. Stummvoll: Intelligenter Zwischenruf! – Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.) Bitte? (Abg. Dr. Lukesch: Sie haben auch keine Verfassungswidrigkeit damals zur Geltung gebracht!)

Also das finde ich lustig: Da gibt es zwei Koalitionsparteien mit einer Zweidrittelmehrheit, die alle Ressourcen dieser Welt haben, weil sie die Regierung bilden, aber die kleinen Oppositionsparteien mit ihren minimalen Ressourcen, die sich sehr, sehr bemühen, all diese Dinge herauszuarbeiten, sollen dann auch noch das für Sie finden, obwohl Sie vorsätzlich Bescheid wissen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Sie sollten sich prinzipiell überlegen, wie Sie mit der Verfassung dieser Republik umgehen. Wenn es in ein Sparpaket hineinpaßt, dann biegen wir halt die Verfassung, es wird schon keiner klagen – das ist eine Art und Weise der Gesetzespolitik, die ich hier sehr, sehr ankreide und über deren Richtigkeit sich, wie ich glaube, die Bundesregierung, ihre leitenden Beamten und vor allem die Abgeordneten dieses Hohen Hauses den Kopf zerbrechen sollten! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Auch das Bewertungsgesetz ist eine Sache, die Sie ewig vor sich herschieben. Die letzte landwirtschaftliche Hauptfeststellung war im Jahre 1988, und jetzt schieben Sie die Hauptfeststellung wieder hinaus, obwohl Sie genau wissen, daß das Einkommen und damit die Besteuerung und die Sozialversicherungsbeiträge der Bauern an diesen Einheitswerten hängen. Aber diskutieren Sie doch einmal wirklich über die Einheitswerte in diesem Lande! Seit 1. Jänner 1973 sind die Einheitswerte gleich, und niemand, der einigermaßen etwas von Grund- und Sachwerten versteht, wird Ihnen nicht bestätigen (Abg. Böhacker: Um 35 Prozent sind sie erhöht worden!) – ein einziges Mal linear –, daß es völlig unterschiedliche Entwicklungen in den Grundwerten gegeben hat.


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