Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 20

Nun zum Problem selber. Wir haben eindeutig gesehen, daß Österreich in der Zwischenzeit im internationalen Vergleich, was die Quadratmeterzahlen von Verkaufsflächen anbelangt, zu einem der Spitzenreiter geworden ist. Wir haben in der Zwischenzeit auch die geringste Zahl an kleinen Nahversorgern im europäischen Vergleich. Die Einkaufszentrenverordnung – und da bin ich anderer Meinung als Sie, Herr Abgeordneter Peter – hat ihre Wirkung getan; das stelle ich fest, wenn ich die Protestschreiben anschaue, die ich bekomme. (Beifall der Abgeordneten Haigermoser und Tichy-Schreder.)

Es ist ja nach wie vor der Trend, in jeder größeren Marktgemeinde einen Baumarkt und im Umfeld einen Supermarkt zu errichten. Und wo eine Supermarktkette – egal, ob sie jetzt "Spar", "Adeg", "Rewe" oder "Billa" heißt – einmal zu bauen anfängt, dort stehen alle drei anderen ein Jahr später auch. Wenn dieser Trend so weitergegangen wäre, dann hätten wir jetzt nicht mehr 7 000 kleine Nahversorger, sondern vielleicht nur mehr 1 000. Daher: Ich würde bei dieser Maßnahme bleiben, aber ich erwarte, daß die ergänzenden Maßnahmen auch getroffen werden.

Wir haben im Zuge dieser Diskussion dann eine eigene BÜRGES-Nahversorgungs-Förderaktion 1997 eingeführt. Ich kann berichten, daß von dieser auf Nahversorger abgestellten Aktion bis jetzt 121 Betriebe mit einer Investitionssumme von 261 Millionen und Förderungen von etwa 18,5 Millionen Schilling Gebrauch gemacht haben.

Ich sehe auch Fälle wie den folgenden immer wieder, daher auch mein Wunsch nach einem einheitlichen Anlagenrecht. Letzte Woche rief mich ein Bäcker aus dem Weinviertel an. Er sagte, er übergibt den Betrieb seinem Sohn, und anläßlich dieser Übergabe schlägt die Verwaltung zu. Alle Anlagen entsprechen plötzlich nicht mehr, und der Sohn sagt: Dann werde ich lieber Brotaufbäcker beim Billa, als daß ich deinen Betrieb weiterführe. – Wir werden in bezug auf ein einheitliches Anlagenrecht, das wir hoffentlich recht bald hier im Haus behandeln werden, noch einiges zu tun haben.

Ein weiterer Punkt ist, daß wir sicherstellen müssen, daß das, was heute an Verkaufspraktiken "passiert", endlich auch einmal kontrolliert wird. Ich rede nicht schon wieder a priori vom Verbot des Verkaufs unter dem Einstandspreis. Aber es ist mir schon ein Anliegen, festzustellen, daß manche großen Ladenketten ihre Rechnungen erst nach 60 Tagen bezahlen und enormen Rabattdruck ausüben, während kleine Einkäufer keine Chance haben, auch nur annähernd kompetitiv ähnliche Positionen anzubieten.

Wir sind in der Frage Sortimentierung von Lotto bis Post x-mal unterwegs gewesen und können sagen: Der Großteil der befragten Kleinunternehmer sagt: Das ist auch nicht unsere Zukunft! Von ein paar Briefmarken, von ein bißchen Lotto können wir auch nicht leben! – Der "general store", wie er allen, die Amerika kennen, vorschwebt, davon werden die Nahversorger in Österreich nicht leben können.

Meine Damen und Herren! Meine Strategie lautet daher: Wir werden die Einkaufszentrenverordnung beibehalten, wir werden die Förderaktionen fortsetzen und werden weiter bei Ländern und Gemeinden tätig werden, um durch die erforderlichen Zentrenmaßnahmen oder Liberalisierungen der flexiblen Öffnungszeiten vor allem in Familienbetrieben eine größere Nähe zum Konsumenten zu erzielen.

Ein Punkt scheint mir außerordentlich wichtig. Wir haben in meinem Haus eine Arbeitsgruppe gegründet. Wir nennen sie "Tele-Gemeinde", und ich bringe daraus ein Beispiel. In einer niederösterreichischen Gemeinde, in der der letzte Greißler vorm Aufhören war, hat die Gemeinde eine "smart card" eingeführt, mit der bestellt und dann auch geliefert wird. – Und plötzlich waren wieder viele Greißler im Ort.

Man muß die lokalen Konsumenten organisieren, damit sie sich mit dem Kaufmann loyal erklären. Denn wenn die Konsumenten ihren Nahversorger nicht mehr wollen, dann hat die Politik ihr Recht verloren. – Danke, Herr Präsident. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schieder. – Auf dem Präsidium treten Schwierigkeiten mit der Rednerliste am PC auf; Bedienstete des Hauses bemühen sich, wieder die richtige Reihenfolge herzustellen.)

9.18


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