Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 221

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

23.40

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kritik des Kollegen Trattner am Internationalen Währungsfonds ist berechtigt (demonstrativer Beifall des Abg. Scheibner), denn es ist in der Tat so, daß die Politik des Internationalen Währungsfonds in den letzten Monaten – berechtigterweise – überdacht wurde. In der morgigen Ausgabe der "Presse" wird aus einer Studie der Weltbank, erarbeitet vom Chefökonomen der Weltbank, Joseph Stiglitz, zitiert, in der relativ präzise nachgewiesen wird, daß die Politik des Internationalen Währungsfonds nicht die selbstgestellten (Abg. Ing. Meischberger: Bitte fürs Protokoll: Das ist ja nicht wahr!) – nachlesen, Kollege Meischberger, falls das möglich ist – Zielsetzungen erfüllt, weil sie in vielen Ländern, in denen Rettungspakete des Währungsfonds geschnürt worden seien, dazu geführt habe, daß die Nachfrage zusammengebrochen, große Teile der Bevölkerung im wesentlichen der Verarmung preisgegeben worden seien, und daher mit Recht auch von der Europäischen Union und deren Finanzministern eine fundamentale Reform des Währungsfonds gefordert wird.

Ich bin der Meinung, daß, so richtig die Kritik am Währungsfonds und seiner Politik ist, es aber gleichzeitig ebenso wichtig ist, daß man ein Instrument wie den Währungsfonds zur Verfügung hat. Denn es geht um die Frage: Mit welchen Instrumenten kann man in einer globalisierten Weltwirtschaft Krisen einigermaßen managen? – Und es gibt eine Reihe von Ideen für zusätzliche Institutionen der Weltwirtschaft, über die man meines Erachtens diskutieren kann, aber ich bin der Auffassung, man sollte zuerst immer die bereits vorhandenen Strukturen dafür nützen, das zu machen, was tatsächlich notwendig und richtig ist, bevor man sich neue Institutionen und neue Bürokratien einfallen läßt.

Ich setze in diesem Zusammenhang große Hoffnungen auf eine koordinierte Aktion der Europäischen Union, denn mit Einführung des Euro wird ein gemeinsames Auftreten im Währungsfonds eher möglich. In der letzten Ministerratssitzung im ECOFIN-Rat wurde ja die Vertretung des Euro nicht nur bei den G-7, sondern auch im Währungsfonds diskutiert. Ich halte das für einen ersten, richtigen Schritt, den Währungsfonds von seiner bisherigen Linie, die mit Recht kritisiert wird, wegzubringen.

Im zweiten Punkt dieser Debatte geht es um die Maßnahmen, die wir setzen, um den Opfern des Wirbelsturmes Mitch in Zentralamerika zu helfen. Es ist eine Katastrophe, die die betroffenen Länder in ihrer Entwicklung um 20 Jahre zurückwirft. Ich halte es für richtig, berechtigt und notwendig, daß die internationale Staatengemeinschaft Hilfestellungen leistet. Für uns ist es meiner Ansicht nach wichtig, daß wir uns nicht nur darauf verlassen, daß die multilateralen Organisationen mit unserem Beitrag dort Hilfe leisten, sondern daß wir auch die vorhandenen Strukturen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, über die wir verfügen, da alle diese Länder entweder Kooperations- oder Schwerpunktländer der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit sind, dazu nützen, Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die auch tatsächlich helfen.

Denn es geht darum, daß gerade in einer Zeit, in der durch "World Vision" mit Recht (Abg. Gaugg: Wenn einer in einer Tour kritisiert und dann zustimmt, ist er nicht glaubwürdig!) Spenden für internationale Zusammenarbeit ins Gerede gekommen sind, der österreichische Staat jenen Weg wählen sollte, der der sicherste ist, nämlich einen Großteil der Hilfslieferungen über Strukturen, die nachgeprüft funktionieren, dort zu plazieren, damit diese Hilfe nicht dazu verwendet wird, daß sich irgendwelche korrupten Regierungen bereichern, sondern ganz im Gegenteil den Ärmsten der Armen zugute kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daher ist es wichtig, daß der Finanzausschuß für den vorliegenden Antrag einen Abänderungsantrag beschlossen hat, der Hilfe nicht nur über multilaterale Organisationen kanalisiert, sondern auch die Möglichkeit offenläßt, jene 100 Millionen Schilling, die wir zur Verfügung stellen, auch über die direkten Kanäle der österreichischen


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