Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 102

wenig Dynamik in der Umsetzung ihrer Reformprozesse aufzeigt, in bezug auf andere Staaten aber Reformprozesse als sehr, sehr willkommen anzusehen sind.

Wir haben es nicht nur geschafft, mit sechs Staaten konkrete Beitrittsverhandlungen zu beginnen, sondern wir haben es auch geschafft, daß sofort mit den bilateralen Acquisprüfungen begonnen werden wird, um eben dieses Momentum der Erweiterung der Europäischen Union aufrechtzuerhalten.

Wir haben zwei Dinge zusätzlich erreicht: Es ist in diesen Papieren das erste Mal von "nuklearer Sicherheit" im Zusammenhang mit einer EU-Erweiterung die Rede, und weiters etwas, was wir uns schon lange gewünscht haben, daß nämlich die soziale Konvergenz in diesem Erweiterungsprozeß zu beachten sein wird.

Wir haben während unserer Präsidentschaft auch folgende zwei Dinge geschafft: Erstens, die klare Vision, die politische Perspektive, daß wir für ein gemeinsames und friedliches Europa diese schrittweise Erweiterung brauchen, zu bestätigen, und zweitens, daß wir diesen Erweiterungsprozeß mit Realitätssinn so vorbereiten müssen – und das können wir garantieren –, daß er für die Menschen in der Europäischen Union und für die Menschen in den Beitrittsländern einen Erfolg darstellen wird – und keinen sozusagen programmierten Mißerfolg, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich glaube aber – und das möchte ich dazu abschließend feststellen –: Bei all den vielen technischen Problemen, die gelöst werden konnten, einige leider nicht, sollten wir nicht vergessen, was das oberste Ziel dieser österreichischen Präsidentschaft, eines neuen Mitgliedslandes der Europäischen Union, war, nämlich den Menschen in Europa klarzumachen, daß es über einen Markt, über eine Währung hinausgehend europäische Visionen, europäische Notwendigkeiten gibt. Uns ist bewußt geworden, daß wir den Menschen in Europa im Bereich Beschäftigung, innere Sicherheit und Lebensqualität erfolgreiche Politik zu zeigen haben, denn dann werden die Menschen ein Stück mehr für die europäische Seele empfinden.

Es ist ein Erfolg der österreichischen Präsidentschaft, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß wir keine Renationalisierung, kein Auseinanderdriften Europas zugelassen haben. Und folgendes möchte ich auch noch hinzufügen: Es mag vor drei, vier oder fünf Jahren sehr unangenehm gewesen sein, wenn das Bild von Europa dominiert war von Streitigkeiten, von einem Auseinanderklaffen und so weiter. Da war auch oft von "Euro-Sklerose" die Rede. Das mag damals unangenehm gewesen sein. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Jetzt, meine Damen und Herren, ab dem 1. Jänner 1999, wenn wir eine gemeinsame europäische Währung haben werden, wäre das nicht nur unangenehm, sondern hätte sogar nachteilige Folgen für unsere europäische Währung, für die Wirtschaft und für die Beschäftigung. Daher bin ich stolz darauf, daß es unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, daß es den Regierungsparteien gelungen ist, diese österreichische EU-Präsidentschaft als erfolgreiche Arbeitspräsidentschaft, die Orientierung, Offenheit, aber auch ein Miteinander signalisiert hat, für unser Ziel zu nutzen, nämlich für ein gemeinsames, stabiles und friedliches Europa einzutreten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundeskanzler.

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stadler zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.38

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich habe dieser etwa halbstündigen Rede des Herrn Bundeskanzlers aufmerksam zugehört. Viele seiner Worthülsen habe ich zumindest so zu deuten versucht, daß man sie als Anfragebeantwortung sehen könnte, aber vermißt habe ich jedenfalls eine Beantwortung der drei dringlichen Fragen der Anfragesteller Kostelka und Genossen.


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