Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 130

Beitrag zur Sicherheit Europas verstanden werden kann und nicht zu einer Verunsicherung Europas, zu mehr Arbeitslosigkeit und zu einem Verdrängungswettbewerb auf Kosten der Arbeitnehmer im neuen Europa führen wird.

Wir fühlen uns durchaus im Einklang mit den Forderungen, die der Österreichische Gewerkschaftstag bezüglich dieser Thematik schon lange erhoben hat. Ich glaube, daß die Forderungen des ÖGB nach entsprechenden Übergangsfristen für die Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt, nach Übergangsfristen bei den Dienstleistungsfreiheiten, nach Übernahme der sozialen Mindeststandards, nach einem Beihilfenprogramm für Grenzregionen, nach einem Stopp des Straßengüterverkehrs, nach technischer Sicherheit von Atomkraftwerken – erst dann begrüßt der ÖGB den Beitritt der Reformstaaten – einer ähnlichen Haltung entsprechen, wie wir sie auch haben.

Ich glaube, man sollte die Arbeitnehmerinteressen nicht einfach am Altar der EU opfern und am Ende dieses Wiener Gipfels und am Ende der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft auch nicht in Euphorie ausbrechen und meinen, daß sich da viel bewegt habe.

Im wichtigen Bereich der Beschäftigungspolitik stehen wir nahezu dort, wo wir vor eineinhalb Jahren gestanden sind. Der Vertrag von Amsterdam ist noch nicht ratifiziert und ist in diesem Bereich noch nicht zur Gänze umgesetzt. Die nationalen Beschäftigungsprogramme, die vorliegen, geben ein klares Zeugnis davon, daß die hochgelobte österreichische Sozialpolitik nicht jene Spitzenfunktion hat, die man immer behauptet hat. Unter den "best practices" befindet sich kein einziges Programm von Österreich. Das, was man noch am ehesten dafür halten könnte, nämlich das Programm zur Gleichbehandlung von Frauen, hat den üblen Beigeschmack entsprechend der Kritik der Kommission, ein alter Hut zu sein, dessen teilweise Erfolglosigkeit aufgrund der Arbeitsmarktzahlen und des Auseinanderdriftens der Beschäftigungseinkommen von Frauen in Österreich vom Jahre 1990 bis heute nachgewiesen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daß wir in allen anderen Bereichen der vorliegenden Punkte versagt haben, sei nur angeführt. Es kann daher auch nicht verwundern, daß der Herr Bundeskanzler heute hier nicht die österreichischen Zahlen und die Entwicklungen des letzten Monats angeführt hat, sondern sich auf die Einsparungseffekte der EU beschränkt hat und diese für sich reklamiert hat, denn im eigenen Land hat man nichts weitergebracht. Aber dort, wo man scheinbar laut den Zahlen etwas weitergebracht hat, nämlich bei der Jugendbeschäftigung, ist auch die Kritik der EU harsch: Es handle sich um ein dreijähriges Abstellgleis, die Weiterbeschäftigung werde erst danach zu beurteilen sein, und es werde erst dann zu evaluieren sein, ob der heute eingeschlagene Weg der Jugendausbildung auch tatsächlich ein erfolgreicher ist oder nur eine Zwischenstufe zwischen Schule, Lehre oder Lehrausbildung in den unterschiedlichsten Institutionen und Schulungen und dann nachfolgender Arbeitslosigkeit darstellt.

Die entsprechenden Berichte und Kommentare liegen vor. Sie entziehen sich durchaus nicht nur unserer Kritik, sondern es wird auch immer wieder versucht, sie über Umwege möglichst spät und möglichst verzögert dem Parlament zuzuführen, um uns die entsprechenden Informationen bei den Debatten schwerzumachen. Heute, sehr geehrter Herr Bundeskanzler und Herr Vizekanzler, haben Sie geirrt. Die Meldungen aus Brüssel über Ihren dortigen Auftritt beziehungsweise aus Straßburg haben uns schon lange erreicht. Die Kritik des Luxemburgers Santer etwa, der Sie scharf kritisiert hat, der schlicht und einfach formuliert hat, daß nichts weitergegangen sei – wortwörtliches Zitat, sehr geehrter Herr Vizekanzler! –, hat inzwischen Österreich erreicht.

Das, was Sie mit dieser Dringlichen Anfrage hier erreichen wollten, nämlich die Opposition daran zu hindern, in einer Dringlichen einerseits die militärischen Fragen aufzuwerfen oder anderseits die Versäumnisse im Bereich der Sicherheitsinspektion und der Verfolgung der Triebattentäter aufzuzeigen, haben Sie sicherlich erreicht. Sie haben aber nicht erreicht, daß Sie damit eine Jubelstimmung in Österreich erzeugen konnten über einen Gipfel, der in seinen Endergebnissen bescheiden geblieben ist, obwohl er zugegebenermaßen Ihnen beiden eine Reihe von Kilometern gebracht hat.


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