Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 180

Sie wissen auch selbst ganz genau, daß dieses Budget unter ganz anderen Prämissen festgelegt worden ist. Sie waren damals noch nicht Finanzminister – auch das ist klar –, als dieses Budget unter der Prämisse eines Wirtschaftswachstums von 2,6 Prozent festgelegt worden ist. Nach der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung sind effektiv dann aber 3,9 Prozent Wirtschaftswachstum herausgekommen – das heißt, um 50 Prozent mehr! Das steht, bitte, ... (Bundesminister Edlinger: Das eine ist das reale, das andere das nominelle!) Nein, beide Prozentsätze sind unter der Voraussetzung, daß es sich dabei um nominelle Ziffern handelt, festgestellt worden! Herr Finanzminister, nehmen Sie sich doch einmal den Bundesrechnungsabschluß zur Hand, lesen Sie ihn durch, und hören Sie damit auf, immer von hinten von der Regierungsbank aus zu kritisieren und uns Ihren Grant spüren zu lassen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sind das Parlament, und Sie sind auf der Regierungsbank! Nehmen Sie einfach einmal zur Kenntnis, daß auch Sie die Bundesrechnungsabschlüsse zu lesen haben! In diesen steht das nämlich ganz dezidiert drinnen, Herr Finanzminister. Es steht dezidiert drinnen, das Budget ist unter der Annahme eines nominellen Wirtschaftswachstums von 2,6 Prozent erstellt worden, aufgrund der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung sind jedoch nominell 3,9 Prozent Wirtschaftswachstum zu verzeichnen. Da können Sie jetzt nicht sagen, das eine sei reell und das andere nominell! Denn es steht da drinnen! Oder sagen Sie eben dem Kollegen auf der Bank, dem Herrn Rechnungshofpräsidenten Fiedler, daß unter Umständen die Beamten etwas nicht Richtiges hineingeschrieben haben. Dann wird Herr Präsident Fiedler dazu Stellung nehmen. Aber Sie können nicht von hinten, von der Regierungsbank aus, sagen, das eine sei nominell und das andere reell. Das geht, bitte schön, nicht, denn es wird alles sehr genau in diesem Bericht angeführt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun haben Sie das Glück, ein um 50 Prozent höheres Wirtschaftswachstum zu haben, und rühmen sich, das Budgetdefizit minimal unterschritten zu haben. Dabei wissen doch auch Sie ganz genau, daß ein Prozent mehr an Wirtschaftswachstum zwischen 12 und 15 Milliarden Schilling mehr an Steuereinnahmen bringt. Das ist genau jene Kritik, die wir seitens der Oppositionsparteien damals immer wieder angebracht haben. Wir haben damals kritisiert, daß dieses Belastungspaket in erster Linie zu Lasten der Bevölkerung geht – im Gegensatz zu dem, was Ihr Vorgänger, der damalige Finanzminister und jetzige Bundeskanzler Klima, behauptet hat, daß nämlich ein Drittel durch Steuererhöhungen und zwei Drittel durch Ausgabenkürzungen aufgebracht werden würden. Das haben Sie bald einmal revidieren müssen. Das Wifo hat gesagt, die Relation sei bestenfalls 50 zu 50. Das IWF hat gesagt, das Schwergewicht liege auf den Steuererhöhungen.

Jetzt werden Sie vielleicht sagen, das IWF interessiert Sie nicht, das Wifo interessiert Sie nicht. Sie haben nämlich ganz andere Zahlen, vielleicht vom Vorsitzenden des Staatsschuldenausschusses Frisch, der in der letzten Sitzung des Budgetausschusses über den Finanzschuldenbericht der Bundesregierung gesagt hat, daß die strukturellen Maßnahmen seitens der Bundesregierung so eminent gewesen seien, daß man allein bei den Personalkosten durch strukturelle Maßnahmen 14 Milliarden Schilling eingespart habe.

Wenn Sie sich jetzt den Bundesrechnungsabschluß ansehen und jene 14 Milliarden Schilling suchen, die Herr Professor Frisch erwähnt hat, werden Sie auf Seite 202 im Band 2 finden, daß die Werkleistungen an Dritte um 21,6 Milliarden Schilling gesteigert wurden. Bei einer Erhöhung der Werkleistungen an Dritte um 21,6 Milliarden Schilling und einer nur minimalen Verringerung – um 5 Milliarden – des öffentlichen Personalaufwandes wollen Sie von strukturellen Erfolgen reden!

Herr Finanzminister! Wenn Sie auf der einen Seite sagen, Sie haben mit strukturellen Maßnahmen das Budget in den Griff bekommen, und sich auf der anderen Seite unter der Voraussetzung eines Wirtschaftswachstums, das um 50 Prozent höher war als prognostiziert, am Defizit nichts geändert hat, dann gibt es daraus nur zwei Schlüsse: Entweder wurde das Budget damals vollkommen falsch erstellt, insofern als man gesagt hat, dieses Budget paßt unter der Prämisse von 2,6 Prozent Wirtschaftswachstum, doch bei 3,9 Prozent Wirtschaftswachstum kommt nun das gleiche Defizit heraus; oder es hat sich als wahr herausgestellt, daß diese


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