Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 87

diese Demonstration war nicht schön! Ist es zu befürworten, mit einem Sarg zu demonstrieren?) – Eine ganz herbe Enttäuschung, die uns die ÖVP da bietet!

Liebe Kollegin Steibl! Warum kommen Sie hier nicht heraus und ergreifen das Wort? Es scheint wirklich zu stimmen, was Kollege Leikam hier gesagt hat, nämlich daß nicht nur die Kärntner, sondern auch die steirischen ÖVP-Abgeordneten mit einem Redeverbot belegt worden sind. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Es zeugt von Charakterlosigkeit, jemand einen Sarg vor die Tür zu stellen!) Doch wenn sich dann doch jemand zu Wort meldet, scheint es so zu sein, als ob er eine Beruhigungsspritze verabreicht bekommen hätte. Wenn ich ein ÖVP-Mandatar aus der Steiermark wäre, dann müßte ich hier doch explodieren und meine Meinung entsprechend kundtun.

Noch einmal: Die bisherige Verhinderung des Semmering-Basistunnels ist ein eindeutiges ÖVP-Problem, und sogar der schwache Bundesparteiobmann Schüssel läßt sich von Landeshauptmann Pröll am Nasenring herumführen. Jüngstes Beispiel: Der Herr Präsident des Verfassungsgerichtshofes hat in einem Interview wörtlich gesagt – ich zitiere Adamovich –: So wie Niederösterreich das gelöst hat, scheint es vorläufig über die Grenzen der Landeskompetenz hinausgegangen zu sein. Diese Kompetenz heiße nicht, daß das Land Eisenbahnprojekte untersagen oder durch wirtschaftlich zumutbare Auflagen praktisch unmöglich machen darf. – Das hat Herr Adamovich gesagt.

Welche Reaktion hat es innerparteilich darauf gegeben? – Pröll war sofort für die Wiederkandidatur von Schüssel, und Schüssel ist somit wieder ein Faustpfand in der Hand von Pröll, damit er weiterhin auch innerparteilich diesen Tunnel verhindern kann.

Meine Damen und Herren! Wie geht es in der Steiermark weiter? – Ich persönlich schätze die Frau Landeshauptmann als Mensch (Ruf bei der ÖVP: Seit wann?), aber was die politische Seite betrifft, muß ich sagen, daß sie leider Gottes immer wieder falsch reagiert: Ihre Loyalität zur Bundes-ÖVP ist stärker als ihre Vertretung der Interessen der Menschen in der Steiermark. Statt daß sie zum Bundesparteivorstand geht und dort wie Peter Schachner einen einstimmigen Beschluß für den Bau des Semmering-Basistunnels herbeiführt, fährt sie nach Bad Aussee zur Regierungsklausur und will Herrn Minister Einem oder auch die anderen SPÖ-Regierungsmitglieder davon überzeugen, daß sie für den Bau des Semmering-Basistunnels eintreten sollen. Dazu sage ich Ihnen folgendes, und das schreiben Sie sich ins Stammbuch: Wenn es die SPÖ nicht gäbe, würden wir über dieses Projekt gar nicht mehr diskutieren! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Noch ein Wort aus obersteirischer Sicht. Die Expertengruppe, die eingesetzt wurde, hat einen Mix vorgeschlagen: Semmering-Basistunnel und Ergänzungen. Das ist gut für die Industrie und für die Wirtschaft Südösterreichs.

In der Obersteiermark schaut es so aus, daß die Industriebetriebe wie auf einer Perlenkette aufgefädelt sind, und wenn Sie sich die Namen dieser Betriebe anschauen, dann stellen Sie fest, daß das wie ein "Who’s who" der österreichischen Industrie klingt. Einige Beispiele: VOEST-Alpine, Böhler Uddeholm, Schrack-Ericson, Brigl & Bergmeister, AT & S, Veitsch-Radex, Gösser, Mayr-Melnhof und so weiter und so fort. Aber jetzt besteht das Problem, daß wir in der Steiermark einen Standortnachteil haben. Standortnachteil bedeutet höhere Transportkosten und eine geringere Chance, Produkte zu verkaufen. Ein kleines Beispiel: In Donawitz wird eine 120 Meter lange Schiene produziert, die nicht über die bestehende Bergstrecke exportiert werden kann, obwohl sie eigentlich Marktführer in Europa ist. Da ist ein großer Standortnachteil gegeben.

Viele Menschen – und das möchte ich wirklich unterstreichen – sind deshalb für den Semmering-Bahntunnel, weil er Industriearbeitsplätze sichert. Dieser Meinung schließen sich 68 Prozent der Steirer, 49 Prozent der Niederösterreicher und 52 Prozent der Österreicher insgesamt an.

Zum Schluß kommend möchte ich sagen: Ich fordere ein, daß der Ministerratsbeschluß aus dem Jahre 1996 für den Bau des Semmering-Basistunnels ehebaldigst umgesetzt wird, und ich bin dagegen, daß wir weiterhin die politischen Verwirrungen eines Landeshauptmannes mit


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