Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 156. Sitzung / 113

port ist. Es ist nicht einerlei, ob wir in so große Länder exportieren, denn das machen wir nicht nur aus christlicher Nächstenliebe gegenüber den Brasilianern, sondern aus durchaus handfesten Überlegungen, nämlich um österreichische Arbeitsplätze zu sichern. Insofern handelt es sich eben um ein Geflecht wechselweiser Beziehungen und Abhängigkeiten. Aber ich gebe Ihnen recht, daß sich die Europäische Union und vor allem die Wirtschafts- und Währungsunion in einem stärkeren Maße engagieren muß, wenn es darum geht, die Programme des IWF zu strukturieren.

Da geht es darum, zu untersuchen, in welchem Tempo etwa Budgetkonsolidierungen auch den nationalen Regierungen zuzumuten sind, wenn wir wollen, daß sie sie auch einlösen können. Da geht es etwa auch um die Frage, die hier zu Recht gestellt worden ist: Was tun wir, um zu verhindern, daß sich etwa Private, die sich in der Phase uferloser Gewinne dort engagieren, rechtzeitig verabschieden und damit die Situation in diesem Land verschärfen und den Sanierungsbedarf der anderen öffentlichen Hände, etwa in Form solcher Programme, erhöhen? Das ist in einer Ursachenforschung sehr leicht festgestellt, aber es ist äußerst komplex und kompliziert, und wahrscheinlich kann man Lösungen auch nur schrittweise erreichen. Das ist auch in einem bestimmten Maße davon abhängig, wie es in einer krisenhaften Situation – im Falle Brasilien etwa – der internationalen Staatengemeinschaft gemeinsam mit der dort handelnden Regierung gelingt, zumindest ein Minimum an Vertrauen aufrechtzuerhalten. Sonst wären nicht nur 30 Prozent der Privaten dort verschwunden, sondern wahrscheinlich alle 100 Prozent.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Insofern glaube ich, daß auch in einer Zeit der Globalisierung, der Liberalisierung in allen Bereichen des internationalen Handelns auch die Regeln, nach denen sich das abspielt, einer internationalen Annäherung bedürfen. Auch das ist eine Aufgabe, die man, wie ich meine, im Zusammenhang mit solchen Finanzierungen zu bedenken hat.

Ich gebe Ihnen vollkommen recht, wenn Sie die im Augenblick vorhandene Strategie des IWF als nicht zufriedenstellend ansehen. Das sehen wir auch als Länder der Europäischen Union so, und die deutsche Präsidentschaft als unsere Nachfolgepräsidentschaft hat bei der Welttagung unseren Ball aufgenommen und als einen der wichtigen Punkte auch des ECOFIN-Rates postuliert, an der Neustrukturierung der internationalen Finanzarchitektur zu arbeiten.

Ich glaube, daß der Antrag, den wir heute beschließen, wichtig ist, daß er richtig ist, daß er maßvoll ist, daß er im Verhältnis zu unserem wirtschaftlichen Engagement eigentlich geringe finanzielle Ausmaße hat, daß wir aber viel mehr auch an internationaler Reputation verloren hätten, wenn wir das einzige europäische Land wären, das sich an der Wirtschafts- und Finanzhilfe für Brasilien nicht beteiligt. Das ist ein Teil angewandter Solidarität, aber nicht ganz uneigennützig, sondern durchaus auch im Interesse der österreichischen Wirtschaft. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaugg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. Das wird sich auch bis 15 Uhr ausgehen, dann ist zu unterbrechen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.56

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Kollege Stummvoll hat von einer Solidaritätsaktion gesprochen. Da frage ich mich schon: Wo bleibt die Solidaritätsaktion für die heimische Bevölkerung? 600 Millionen Schilling werden verschenkt, und dieses Geld macht eine Reise ohne Wiederkehr nach Brasilien. Für Brasilien kann dieses Geld nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein sein. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Das Ganze nennt sich "EU-Hilfsmaßnahme". Herr Minister! Unter Ihrer Vorsitzführung sind letztlich 56 Milliarden Schilling innerhalb dieser EU verschwunden. Es wäre einmal eine EU-Hilfsmaßnahme, diese 56 Milliarden Schilling zu finden (Beifall bei den Freiheitlichen), die verschwunden sind, was beinahe die Kommission in Europa gestürzt hätte. Nur der Verantwor


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