Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 159. Sitzung / 49

Sie ist ein sozialpartnerschaftliches Konstrukt, worin die Sozialpartner nicht nur als Amtsparteien die Ankläger sind – es darf ja überhaupt niemand außer den Amtsparteien Anklage beim Kartellgericht erheben –, sondern darüber hinaus gleichzeitig auch Gutachter und Richter sind. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Jawohl!)

Es wurde jetzt vom Justizministerium eine Novelle zum Kartellrecht ausgearbeitet, die bald hierher ins Hohe Haus kommen wird. Diese wird allerdings wieder nichts ändern, Herr Bundesminister, Sie haben in Ihrer Rede über Preispolitik kein Wort darüber verloren, daß wir in Österreich ein Kartellrecht haben, das eigentlich nicht existiert. Wir haben ein Kartellrecht, das aus der Steinzeit der Marktwirtschaft stammt. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Lassen Sie mich eines ganz klar festhalten: Es ist selbstverständlich Aufgabe der Politik, für die Märkte Rahmenbedingungen zu schaffen. Das wissen Sie, Herr Dr. Farnleitner, noch viel besser als alle anderen hier im Hohen Haus, weil Sie nämlich ein hochgebildeter Wirtschaftler sind. Darüber hinaus ist es Aufgabe der Politik, über ein Wettbewerbs- und Kartellrecht zu verhindern, daß Unternehmen das tun, was sie gerne tun, nämlich Monopolisten oder Oligopolisten zu werden.

Herr Kukacka! Es nützt eben nichts, wenn man hier vom Rednerpult aus in Richtung Öffentlichkeit schreit, man müsse das Absprachenkartell aufbrechen. – Sagen Sie, Herr Kukacka, wie Sie es aufbrechen wollen! Sagen Sie, daß Sie und die Österreichische Volkspartei mit den Sozialdemokraten die Bremser dahin gehend sind, daß es kein vernünftiges Kartellrecht gibt! Das verstehe ich übrigens bei den Sozialdemokraten überhaupt nicht: Wieso haben Sie nicht den Mut, in Österreich wirklich den Posten eines Kartellanwalts einzuführen, so wie es in einer kultivierten Marktwirtschaft möglich ist? Dieser Kartellanwalt soll im Justizministerium angesiedelt sein und dieselben Rechte wie ein Staatsanwalt haben. Er soll also auf eine Sachverhaltsdarstellung hin – von wem auch immer – oder von Amts wegen tätig werden können.

Herr Bundesminister! Wenn Sie in der Zeitschrift "FORMAT" richtig zitiert worden sind, wäre das auch Ihre Politik. Sie haben heute bei diesem Schauspiel betreffend Treibstoffpreise, das in Vorwahlzeiten selbstverständlich notwendig ist, weil der Treibstoffpreis ein sensibler Preis ist, darüber eigentlich nichts gesagt. Ich habe mir erwartet, daß Sie da sagen werden: Ich, Wirtschaftsminister der Republik Österreich, habe die Nase voll! Ich habe von dem Spiel der Oligopolen der Mineralölwirtschaft und von dem geheimen Kartell, das sie gebildet haben, die Nase voll. (Abg. Mag. Kukacka: Hat er gesagt!) Ich werde dieser Republik ein Kartellrecht geben, das uns wirklich in die Lage versetzt, ohne Appelle und sonstige Herumredereien – was nützen denn Appelle in der Wirtschaft, wenn es ums Geld geht? – eine Rechtssituation zu schaffen, in der ein Kartellanwalt durchgreifen kann. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn man sich die Argumente der Mineralölindustrie anhört, so muß man sagen, es gibt eine Reihe von Argumenten, die man auch würdigen sollte. Es ist nicht nur die Aufgabe der Politik und der Wirtschaft, Rahmenbedingungen zu setzen und die Einhaltung des Wettbewerbs zu garantieren, sondern auch gleiche Ausgangsbedingungen zu schaffen. Sie haben aber durch Ihre Politik – natürlich über höhere Steuern auf Treibstoffe – teilweise Tankstellen an den Grenzen Österreichs ruiniert. Gar keine Frage! Sie haben durch den Steuerunterschied auf Diesel und Benzin, der nur durch die Frächterlobby erklärt werden kann, dazu beigetragen, daß heute 50 Prozent der Autos mit Diesel fahren. Das sind Eingriffe in den Markt, die Sie getätigt haben. Haben Sie diese durch Zufall gemacht – oder war das eine Förderung des Dieselmotorenwerkes von BMW in Steyr?

Sie haben natürlich über teure Rahmenbedingungen den Tankstellen andere Kostenvoraussetzungen gegeben, als es sie im Ausland gibt. Es ist einfach lächerlich, wenn man in Tankstellen nach 18.30 Uhr oder 19.30 Uhr zwar noch Bier verkaufen darf, aber Milch, die ja auch im Regal steht, darf man nicht mehr verkaufen, denn da gibt es eine Ladenöffnungs- und Betriebszeitenverordnung und sonstigen Unsinn.


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