Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 159. Sitzung / 78

Das ist ein breiter Rahmen. (Abg. Dr. Ofner: Ich kann doch nicht die einen befriedigen oder weniger kränken wollen, indem ich einem außenstehenden Berufsstand etwas wegnehme!) – Herr Kollege Ofner! Mit dem Wort "wegnehmen" haben Sie schon wieder das Problem angeschnitten. Wenn Sie liberalisieren, schaffen Sie zwangsläufig Konkurrenz. Sie sprechen von "wegnehmen".

Ich sage Ihnen etwas, weil ich damit ein bißchen zu tun habe. Wir wissen, daß 25 bis 30 Prozent der Verfahren bei Verwaltungsgerichtshöfen in jenem Bereich angesiedelt sind, von dem wir jetzt sprechen. Kollege Ofner, du weißt als Anwalt ganz genau, daß man sich in der Regel der Wirtschaftsprüfer als Gutachter bedient. Diese erledigen dort mehr Arbeit als ein herkömmlicher Anwalt, wenn es sich – ich relativiere das ohnehin, Herr Kollege – nicht um einen Wirtschaftsanwalt handelt. (Abg. Dr. Ofner: Die berufsmäßige Parteienvertretung vor Gericht!) Lieber Kollege Ofner! Ich sage dir noch einmal: In jedem Bereich wird es immer dann, wenn wir liberalisieren, welche geben, die sagen, das ist schlecht. Im selben Atemzug werden sie aber nach Liberalisierung verlangen. Das ist das Problem, vor dem wir stehen. Aber wir können nicht beides zugleich haben: einerseits Liberalisierung und gleichzeitig Aufrechterhaltung geschützter Bereiche. Das geht nicht! (Abg. Dr. Ofner: Untereinander tun Sie nichts liberalisieren!) Ich bin sofort zur Diskussion bereit.

Anerkennen Sie doch, daß wir bemüht waren und auch etliches erreicht haben. Ich bin im Ausschuß gefragt worden, mit wieviel neuen Berufsanwärtern wir rechnen. Niemand kann eine Prognose diesbezüglich abgeben. Wir wissen nur eines: Es haben sich bereits mehr als 7000 Bilanzbuchhalter und Buchhalterinnen in einem freien Verband organisiert. Ihre Zahl ist mittlerweile erneut gewachsen. Es gibt etliche gewerbliche Buchhalter, die vor allem in kleineren Bereichen tätig sind und die aufgrund der Logistik gar nicht in der Lage sind, die entsprechenden Qualifikationen zu erwerben. Ich glaube, wir konnten das berücksichtigen, denn niemand konnte das kritisieren.

Meine Damen und Herren! Ich sage es ganz offen: Es wird nicht die letzte Reform sein. Aber dieser Schritt ist ein wichtiger Reformschritt in Richtung Erweiterung. (Abg. Dr. Ofner: Ich fürchte, das ist die nächste Schwächung der Kammer!) So wie die Kollegen des LIF und der Grünen zugestimmt haben, werden vielleicht auch Sie heute oder morgen zustimmen. (Abg. Mag. Peter: Das glaube ich nicht, Herr Heindl!)

Wir sind stolz auf dieses Gesetz, da es sich um einen Schritt in Richtung mehr Liberalisierung handelt. Jawohl, Helmut Haigermoser, es bringt einen neuen Wind und bietet vor allem vielen Frauen die Chance, eine selbständige Tätigkeit auszuüben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.06

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die jetzige Diskussion geht schon in die richtige Richtung, aber, Herr Kollege Heindl, Sie übersehen etwas ganz Wesentliches: Man bricht in der Rechtspflege bereits mit allen Traditionen in diesem Haus. Dies setzt sich auch in diesem Fall und unter diesem Minister fort.

Ich sage: Es gibt wesentlich intelligentere Lösungen, um mit dem Problem der Gutachtertätigkeit im Vertretungsbereich der Höchstgerichte fertigzuwerden. Es wäre höchst an der Zeit gewesen, daß man die Voraussetzungen dafür schafft, interdisziplinäre Gesellschaften zu gründen. Das wäre ein Lösungsansatz, der an sich klug ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber es wird ja nicht gemacht! Das Berufsrechtsänderungsgesetz der Rechtsanwälte, das in Begutachtung liegt, sieht es wiederum nicht vor. Die Wirtschaftstreuhänderordnung sieht es auch nicht vor.

Herr Minister! In Ihrem Drang, Kompromisse zwischen den einzelnen Interessengruppen zu schließen, schaden Sie den freien Berufsständen generell. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie erheben die Winkelschreiberei zum System. Das muß auch einmal hier gesagt werden. Sie sind


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