Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 47

SPÖ.) Ich habe ein bißchen das Gefühl, daß das Vorbereitungserklärungen sind: Man war zwar seinerzeit bei den K-Gruppen, aber heute sind wir recht sympathisch, nehmt uns als Innenminister. – Ich sage, es ist in Ordnung, wenn man den Gärtner zum Bock macht. Ich glaube schon, daß das okay ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Zu Herrn Jung möchte ich auch etwas anmerken. – Herr Jung! Sie wissen immer so viel, welche Straftaten in Österreich geschehen. Ich frage mich natürlich, warum Sie nicht Anzeige erstatten. Da haben Sie die Sicherheitsbehörden. Schreiben Sie das einmal zusammen, damit endlich alle Missetäter in unseren Gefängnissen schmachten werden. Aber hören Sie mit diesem allgemeinen Gerede auf: Es gibt dort eine Versammlung, da werden schreckliche Dinge geschehen, Verbrechen werden vorbereitet, und die Verbrecher laufen frei herum. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Nennen Sie die Verbrecher! Nennen Sie die Verbrechen, und zeigen Sie sie an! Dort auf der Bank sitzen die zuständigen Beamten.

Es tut mir leid, daß ich so viel Redezeit mit den Fraktionen vergeudet habe, aber jetzt zum Thema, meine Damen und Herren! (Abg. Wabl: Was ist das für ein Demokratieverständnis? Was ist das für ein Demokratieverständnis?)

Bei der Frage der Kurden stehen eine tiefe Enttäuschung und ein Betrug am kurdischen Volk im Vordergrund, meine Damen und Herren! (Rufe und Gegenrufe bei den Freiheitlichen und beim Liberalen Forum.) Im Jahre 1920 gab es den ersten Vertrag, der eine Autonomie für die Kurden brachte. Erlauben Sie mir, einen kurzen geschichtlichen Abriß zu geben; auch für dich, Abgeordneten Stadler, wird er vielleicht von Wichtigkeit sein, dann wirst du deine Meinung vielleicht doch ändern.

Es gab den englischen Einflußbereich, der sich zum Irak und Iran entwickelte, sowie den französischen Bereich mit Syrien und dem Libanon. Wir wissen, ein Volk, das auf vier oder fünf Länder aufgeteilt – so muß man heute sagen – lebt, ist in keiner einfachen Lage, auch wirtschaftlich nicht. Die Kemalisten sind mit der Zielsetzung angetreten, einen Staat beider Völker zu schaffen, der Kurden und der Türken. Das war die Basis dafür, daß es heute diese türkische Republik gibt, und es wäre vielleicht gut, das im Sinne historischer Aufklärung den Türken auch einmal klar auf den Tisch zu legen. Die Basis des heutigen säkularisierten türkischen Staates ist die gemeinsame Entscheidung beider Völker, der Kurden und der Türken, für einen gemeinsamen Staat. Dafür haben sie auch ihr Blut vergossen. Das ist die Basis. (Abg. Mag. Stadler: Nein! Das ist nicht wahr! Das ist nicht wahr!)

Dann kommen die Veränderungen: Im Jahr 1923 gab es den Friedensvertrag von Lausanne, mit dem den Kurden ihre Autonomie und ihre Sprachenrechte genommen wurden. Dann kamen die Kemalisten und sagten: Ein Staat – eine Nation! – Das war der Anfang der sogenannten Bergtürken, obwohl man genauso auch "Flachlandkurden" zu den Türken sagen könnte, wenn man sie diffamieren wollte, meine Damen und Herren!

Es gab dann den Aufstand unter der Führung von Mustafa Barzani, der zumindest im Irak eine Teilautonomie von 1961 bis 1970 brachte. Im Jahr 1979 wurde der große Kurdenaufstand im Iran blutig niedergeschlagen. 1984 begann der bewaffnete Widerstand, vor allem durch die PKK organisiert. Seit dem Jahre 1987, meine Damen und Herren auch von der FPÖ, herrschte der Ausnahmezustand. Mehr als 4 000 Dörfer wurden von türkischem Militär zerstört. Dabei gab es mehr als 30 000 Tote, Folter und Ermordungen.

Im Jahre 1988 fand der Giftgaseinsatz des Herrn Saddam Hussein gegen die Kurden unter anderem in Halabdscha statt, um nur einen Ort zu nennen, in dem 5 000 Tote zu verzeichnen waren. 1991 fanden nach der Niederlage des Irak schwere Kämpfe bei Kurdenaufständen im Nordirak statt. Im Jahre 1992 drang die Türkei mit Militär und Sicherheitskräften immer wieder in diese Schutzzone, also in den Irak, ein und bekämpfte dort die Kurden. 1993 fand die Gründung der HADEP-Partei einer prokurdischen Partei in der Türkei, statt. Wir wissen, wie viele Abgeordnete von dieser Partei mittlerweile schon das türkische Gefängnis von innen gesehen haben. Ihr einziges Verbrechen war es, Kurden zu sein, meine Damen und Herren!


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