Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 54

ich in diesem Zusammenhang gar nicht, da sie sich noch in keinem Satz sozusagen konstruktiv dazu geäußert haben. Das ist also das, was herauskommen könnte, und das höre ich auch aus den Worten von Karl Schlögl heraus.

Nichts davon herausgehört habe ich aus den Worten des Sicherheitssprechers der ÖVP, Kiss, sondern er denunziert. Er denunziert genau das, was jetzt angebracht wäre: daß man nämlich das Gespräch sucht, daß man den Dialog sucht, daß man runde Tische initiiert. (Abg. Scheibner: Man will ja keinen Dialog mehr!) Das ist für mich wirklich vollkommen unverständlich, denn das, lieber Kollege Kiss, treibt ja die Spirale nach oben. Genau das ruft jene auf den Plan, die jetzt ebenfalls extremistisch und terroristisch agieren.

Das kann jetzt Ursachen verschiedenster Art haben: Das kann ein Blackout sein, das kann einfach auch aus einer tiefen Emotion kommen. Nichts davon ist von uns zu entschuldigen oder zu verteidigen. Strafrechtliche Delikte – deshalb leben wir in einem Rechtsstaat – werden verfolgt, sie werden sanktioniert, und zwar unabhängig davon, von wem sie begangen werden, ob das jetzt Kurden sind, ob das Türken sind oder ob das Österreicher sind. – Das ist doch hoffentlich Konsens hier!

Aber, lieber Kollege Kiss, ist es denn nicht verständlich, daß genau jene, die aus ihrem Land fliehen mußten, weil die Zustände und Verhältnisse so sind, wie sie sind – wie wir sie zum Beispiel aus der Türkei kennen –, daß genau jene hier in Österreich alles tun, um diese Zustände öffentlich zu machen, daß sie sich hier einsetzen, um zu erreichen, daß diese Zustände in ihrem Land abgestellt werden? (Abg. Dr. Graf: Notfalls durch Gewaltanwendung!) Das ist es, was die Menschen von dem verfassungsmäßig zustehenden Recht zu demonstrieren auch Gebrauch machen läßt.

Aus allen Debattenbeiträgen seitens der ÖVP – von den Freiheitlichen rede ich jetzt ja gar nicht, denn die sagen es sowieso offen (Abg. Dr. Graf: Sie reden pausenlos von uns!) – höre ich jedoch implizit diese Warnung: Ja, dürfen sie das eigentlich noch? Dürfen sie denn eigentlich überhaupt noch auf die Straße gehen, die Kurden in Österreich? (Abg. Dr. Graf: Die Kurden schon, aber die PKK nicht!) – Ja, wo kommen wir denn da hin, wenn in diesem Zusammenhang auch etwa noch die Versammlungsfreiheit und das Recht auf Demonstrationen in Frage gestellt wird? – Das, meine Damen und Herren, macht mir am meisten Sorge!

Darum ist mein Schluß daraus, daß der Nationalrat seine Initiativen darauf konzentrieren sollte, wo Sie, Herr Bundesminister, auch tatsächlich Erfolg haben. An dieser Stelle muß ich eine kritische Anmerkung zu Ihrer vorhin vorgelesenen Rede machen. Also ich bin direkt aufgeschreckt, als ich gehört habe, wie Sie Abdullah Öcalans Gefangennahme in Kenia interpretieren. Wörtlich haben Sie gesagt: Er wurde verhaftet und von türkischen Sicherheitskräften in die Türkei gebracht. – Ja, wenn das kein lupenreines Kidnapping war, was dann? Ich weiß nicht, welches Verständnis Sie haben, was das gewesen ist, Herr Bundesminister. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Es gab schon andere Dinge, da haben Sie sich nicht so aufgepudelt!)

Und das ist es, dieser Ton ist es, der die Musik macht! Genau diese Einschätzungen sind es! Deshalb werden Sie nie glaubwürdig sein in internationalen Gremien, wenn Sie verlangen: Macht doch Öcalan einen fairen Prozeß in der Türkei! Einen fairen Prozeß, bitte!, wenn Sie vorher sagen, er wurde verhaftet und von türkischen Sicherheitskräften in die Türkei gebracht. Das eine schließt das andere ja geradezu aus! (Abg. Murauer: Selbstverständlich ist ein fairer Prozeß zu fordern!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt einige Minimaldinge, die wir tun könnten. Wir könnten als Hohes Haus einen einstimmigen Appell an unsere Regierung und an unsere außenpolitisch, aber auch national aktiven Politiker richten, alles zu tun, um das Problem Todesstrafe und Türkei viel vehementer auf das internationale Tapet zu bringen. (Abg. Murauer: Sie sind das personifizierte Unschuldslamm!)

Peter Schieder hat das, was der Europarat getan hat, hier geschildert. Ich habe aber irgendwie den Eindruck, daß die Türkei – auf österreichisch gesagt – nicht einmal ein Ohrwaschel rührt. (Zwischenruf des Abg. Jung.) Solange sie aber die gesamte USA und die NATO sozusagen als


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