Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 161. Sitzung / 73

Meine Damen und Herren! Die Justiz wird sich deshalb nicht selbstzufrieden zurücklehnen, im Gegenteil, auch die Strafjustiz ist im Rahmen ihrer Zuständigkeit stets um die innere Sicherheit und deren Förderung bemüht, legislativ und operational, national und international. Schwerpunkte der Justizpolitik sind dabei der entschlossene Kampf gegen schwere und zunehmend grenzüberschreitende organisierte Kriminalität auf der einen Seite und auf der anderen Seite die Schaffung möglichst sinnvoller täter- und opferorientierter Reaktionen im Bereich der massenhaft auftretenden Alltagskriminalität. Darüber wird heute nachmittag im Zusammenhang mit der Diversion debattiert werden.

Was die Bekämpfung der organisierten Kriminalität anlangt, kann diese – das hat schon Abgeordneter Achs zu Recht gesagt – effizient nur im internationalen Kontext stattfinden. Hiebei sind wir gerade auch während des österreichischen Vorsitzes in der EU ein gutes Stück weitergekommen, sowohl was die Umsetzung des Aktionsplans zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität von Amsterdam anlangt als auch was die internationale Zusammenarbeit der Justizbehörden anlangt – Stichworte justitielles Netz und Übereinkommen Rechtshilfe in Strafsachen –, aber auch was die schrittweise Annäherung der Strafrechtstatbestände in den EU-Staaten betrifft.

Meine Damen und Herren! Über möglichst effiziente Kriminalitätsbekämpfung und Strafverfolgung darf aber die notwendige Aufmerksamkeit für die vielfältigen und wichtigen Anliegen der Verbrechensvorbeugung nicht verlorengehen. Nur wenn Prävention und Repression ineinandergreifen, kann den Herausforderungen moderner Formen der Kriminalität erfolgreich begegnet werden. Nur so kann es auch gelingen, die nicht selten zu beobachtende Kluft zwischen dem subjektiven Sicherheitsempfinden der Bevölkerung und der objektiven Kriminalitätslage zu schließen und vor allem auch problematischen Entwicklungen in einzelnen Bereichen gerade auch der organisierten Kriminalität, aber etwa auch des Mißbrauchs von Suchtmitteln mit überlegten ganzheitlichen Strategien zu begegnen.

Meine Damen und Herren! Überall, wo es um die Wahl der Mittel zur Erreichung höherer Sicherheit geht, sind wir aufgerufen, diesem Ziel den Preis der Sicherheit gegenüberzustellen und abzuwägen, besonders wenn es um die Einschränkung von persönlichen Freiheitsrechten der Bürger geht. (Demonstrativer Beifall des Abg. Wabl.) Dieses Gebot setzt den Eingriffsmöglichkeiten in Individualrechte sowohl quantitative als auch qualitative Grenzen. Werden diese Grenzen nicht beachtet, dann läuft unsere Gesellschaft Gefahr, mehr an Freiheit einzubüßen als an Sicherheit zu gewinnen. (Beifall bei den Grünen.)

Unsere Aufgabe, meine Damen und Herren, muß es sein, beides, Freiheit und Sicherheit, zu gewährleisten und dort, wo es nun einmal unvermeidlich zu Zielkonflikten kommt, beide Interessen in einen angemessenen Ausgleich zu bringen.

Ich meine, meine Damen und Herren, daß uns dies im Zusammenhang mit der Beschlußfassung über die besonderen Ermittlungsmethoden zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität – Stichwort Lauschangriff und Rasterfahndung – nach intensiver und durchaus leidenschaftlich geführter Diskussion gelungen ist. Diese damals gefundenen Lösungen einschließlich der innovativen Rechtsschutzeinrichtung des Rechtsschutzbeauftragten haben – und das weiß ich aus vielen Gesprächen im Rahmen der Europäischen Union – auch international größte Beachtung gefunden. Ich gehe davon aus, daß es auch bei den weit fortgeschrittenen Gesprächen zur Schaffung des Militärbefugnisgesetzes und zur Novellierung des Sicherheitspolizeigesetzes gelingen kann und wird, jene ausgewogenen Regelungen und jene rechtsstaatlichen Absicherungen zu finden, die die Öffentlichkeit in so sensiblen Bereichen mit Recht vom Gesetzgeber erwartet. Die Justiz ist auch weiterhin bereit, ihren Sachverstand und ihr Grundrechtsverständnis in konstruktiver Weise in die Diskussion einzubringen und damit zum Gelingen dieser beiden wichtigen Gesetzesvorhaben des Verteidigungs- und des Innenministers beizutragen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite